Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
1. Das Gericht kann die Zwangsvollstreckung (= ZV) einstweilen gem. §§ 924 Abs. 3
, 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO
ohne Sicherheitsleistung einstellen. Das Gericht darf aber die ZV auch einstweilgen bis zur besseren Prüfung einstellen und in Ausnahmefällen auch ohne Anhörung des Gegners vornehmen (so: BVerfGE Band 18, S. 404; OLG Celle in: MDR 1986, S. 63
). Wie gesagt stellt dies aber den Ausnahmefall dar; grds. muß vor Erlaß des Einstellungsantrages auch der Gegner - also Sie - wegen Art. 2 Abs. 1
, 20 Abs. 3 GG
angehört werden.
Bei Ihnen spricht einiges dafür, daß man Ihr Anhörungsrecht verletzt hat. Daher wäre es möglich, diese Einstellungsentscheidung anzugreifen.
Problematisch ist hier aber folgendes:
Gem. §707 Abs. 2 Satz 1 ZPO
ergeht die Entscheidung über die Einstellung durch Beschluß. Eine Anfechtung ist grds. (§707 Abs. 2 Satz 2 ZPO
) unzulässig. Nun hätten Sie aber im Ausnahmefall gegen die Einstellung - entgegen dem Wortlaut des §707 - eine sofortige Beschwerde einlegen müssen. Die sofortige Beschwerde ist grds. zwar nicht wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zulässig (BGH in: NJW 1990, S. 838
). Eine sofortige Beschwerde ist aber dann möglich, wenn wegen der Gehörversagung keine abwägende Ermessensentscheidung mehr möglich gewesen wäre.
Aber: die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen (!) bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht. (§569 Abs. 1 Satz 1 ZPO
). Die Frist beginnt grds. mit Zustellung des Beschlusses. Ist die Zustellung unterblieben, so beignnt die Frist mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschluses. Keine Frist beginnt zu laufen, wenn Ihnen der Beschluß nicht bekanntgegeben worden ist. Davon ist nach Ihren Vortrag nicht auszugehen.
Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde ist daher m.E. bei Ihnen schon lange abgelaufen. Daher wäre eine sofortige Beschwerde nicht zulässig.
Damit wird die Aufhebung der Zwangsvollstreckung m.E. auch nicht rückwirkend möglich sein.
2. Richtig ist, daß die eV weiter Bestand hat. Doch Sie können mit dieser nicht vollstrecken. Dies liegt nicht nur an der einstweiligen Einstellung, sondern v.a. auch an § 929 Abs. 2 ZPO
. Da Sie die "Basic" kennen, erspare ich Ihnen langatmige Ausführungen.
Der Fehler lag m.E. daran, daß Sie nicht einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bzgl. des Widerspruchs beantragt haben. Dann hätten Sie gleichzeitig mit einer sofortigen Beschwerde die einstweilige Einstellung der ZV wegfegen können.
4. Die Überlegung wäre hier nur, ob Sie jetzt eine Entscheidung über den Widerspruch beantragen sollen. Dies ist insofern anzuraten, weil a) die Gegenseite von der Wirksamkeit der eV ausgeht und b) die Kosten für das Verfahren jetzt schon entstanden sind. Egal ob das Vefahren abgewiesen oder nicht abgewiesen wird: die Kosten sind komplett angefallen.
(Außerdem: Eine neue eV würde wieder zu viel Zeit kosten und neue Kosten verursachen).
Richtig ist, daß bei der Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs geprüft wird, ob die einstweilige Verfügung jetzt (!) angeordnet werden dürfte oder nicht. Es müssen also die Voraussetzungen für den Erlaß einer eV zum jetzigen Zeitpunkt vorliegen.
Dazu müssen Sie den behaupteten Verfügungsanspruch schlüssig darlegen und glaubhaft machen.
Sie müssen m.E. aber damit rechnen, daß ein Einwand Ihnen entgegensteht: Sie haben das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichtes nicht weiterbetrieben. Hier spricht einges dafür, daß ein Rechtsschutzbedürfnis zum jetztigen Zeitpunkt nicht mehr besteht.
Sollte das Gericht über den Widerspruch entscheiden, so können Sie auch über die Streitwertfestsetzung sprechen.
Letzlich weise ich darauf hin, daß Sie für ein landgerichtliches Verfahren einen Anwalt benötigen.
Ich hoffe Ihnen einge in sehr hohen Ansprüchen (im Vergleich zu Ihren Einsatz) genügende Antwort gegeben zu haben.
Für etwaige Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
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Rechtsanwalt Klaus Wille
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Diese Antwort ist vom 01.11.2004 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Wille,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort, die außerordentlich hilfreich und - besonders im Vergleich zu einer vorherigen, leider völlig unzureichenden Rechtsauskunft eines Ihrer Kollegen - mustergültig ist.
Nachfragen möchte ich nur kurz, ob sich
a) Ihrer Ansicht nach das Vorliegen eines aktuellen Verfügungsgrundes damit sinnvoll begründen lässt, dass der Antragsgegner in dem kürzlich beendeten Schiedsverfahren die Abgabe einer den Verfügungsauflagen entsprechenden Unterlassungserklärung verweigert hat;
b) der Einwand bzgl. des aktuellen Rechtsschutzbedürfnisses damit zum. teilweise entkräften lässt, dass ich während des laufenden Schiedsverfahrens das Verfügungsverfahren nicht weiterbetreiben konnte.
Vielen Dank für Ihre Auskunft!
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihr freundlichen Worte.
Die weiteren Ausführungen werde ich in gebotener Kürze halten:
Zu a)
Dies spricht zumindest für eine Widerholungsgefahr und daß ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Zu b)
Hier kann ich auf die Zusatzfrage a) verweisen.
Für weitere Rückfragen können Sie mich auch direkt anschreiben.
Mit freundliche Grüßen
Klaus Wille
Rechtsanwalt