Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
1. Hätte unter diesen Umständen ein Antrag auf Zuteilung des alleinigen Sorgerechts Aussicht auf Erfolg?
Ein Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge nach § 1671 BGB hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller als dem Wohl des Kindes förderlich erachtet.
Sie schildern, dass es bereits in der Vergangenheit Kommunikationsprobleme mit dem Vater gab und man sich des Öfteren uneins war über Besuchszeiten etc. Aus Ihren Ausführungen entnehme ich auch, dass dies zumeist im Verantwortungsbereich des Vaters lag.
Da nunmehr zu befürchten steht, dass sich der Vater ins Ausland, eventuell sogar nach Kuba, absetzt, wäre es für das Kindeswohl ohne Frage förderlicher, wenn das alleinige Sorgerecht bei Ihnen liegen würde.
Das Kindeswohl gemäß § 1671 BGB wird als das gesamte Wohlergehen eines Kindes oder Jugendlichen als auch seine gesunde Entwicklung definiert. Im Kern geht es um die erhebliche seelische oder körperliche Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen.
Voraussetzung für den Zuspruch des alleinigen Sorgerechts an ein Elternteil gemäß § 1671 BGB ist, dass die Eltern nicht in der Lage sind, gemeinsame Entscheidungen für das gemeinsame Kind zu treffen, weil sie z. B. zerstritten sind. Dann hat der Familienrichter zu entscheiden, welcher Elternteil die alleinige Sorge erhalten soll. Bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind u. a. die Bindungen eines Kindes zu einem Elternteil, die sozialen Kontakte, und eine möglichst umfassende Beibehaltung des Umfeldes des Kindes.
Nach Ihren Schilderungen sind Sie mit dem Vater des Kindes zerstritten. Darüber hinaus scheint das Kind eine engere Bindung zu Ihnen, als zum Vater zu haben. Auch würde sich der Alltag hinsichtlich der von Ihnen geschilderten Sachverhalte (Unterschriften etc.) schwieriger gestalten, wenn der Vater sich im Ausland aufhielte.
Meines Erachtens spricht also vorliegend alles dafür, dass der Antrag Aussicht auf Erfolg hat.
2. Wo und wie müsste ich einen solchen Antrag stellen?
Der Antrag auf das alleinige Sorgerecht ist beim zuständigen Familiengericht (am Amtsgericht) zu stellen.
Das Familiengericht gibt diesem Antrag statt, wenn der andere Elternteil zustimmt, es sei denn ein mindestens 14 Jahre altes Kind widerspricht oder in dem Falle, dass das Familiengericht die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller als dem Wohl des Kindes förderlich erachtet.
Hier ist aber wohl nicht davon auszugehen, dass der Vater dem Antrag zustimmen wird. Somit kommt es auf die Entscheidung des Familiengerichts an. Dieses würde Ihrem Antrag zustimmen, wenn es die Übertragung der elterlichen Sorge auf Sie als dem Wohl des Kindes förderlich erachtet wird, wovon vorliegend auszugehen ist.
Die Voraussetzungen des Antrags wurden unter Frage 1 erläutert und bejaht.
Der Antrag muss beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden. Der Antrag muss auf Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf Sie als Antragsteller lauten.
Der Antrag muss schriftlich an das Gericht oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts erklärt werden. Der Antrag kann ohne Anwalt gestellt werden. Allerdings empfiehlt sich ein solches Vorgehen nicht.
3. Wie sieht es mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht aus?
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht gemäß § 1687 BGB hat derjenige Elternteil inne, der das Sorgerecht für das Kind hat. Bei gemeinsamem Sorgerecht bestimmen die Eltern auch gemeinsam den Aufenthalt des Kindes. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat – in diesem Fall bei Ihnen – ein Mehrgewicht an Entscheidungskraft hat.
Somit ist zunächst davon auszugehen, dass Sie hauptsächlich entscheiden können, wo das Kind sich aufhalten soll. Das das Kind bei Ihnen lebt, kann der Mitnahme durch den Vater ins Ausland widersprochen werden. Wenn sich der Vater in Zukunft im Ausland aufhalten sollte, werden sich Besuche bei ihm nur schwer umsetzen lassen.
Demnach darf der Aufenthaltsbestimmungsberechtigte, bei dem das Kind lebt, alle Angelegenheiten des täglichen Lebens allein entscheiden. Das gemeinsame Sorgerecht findet nur noch Anwendung in Angelegenheiten, deren Regelungen für das Kind von erheblicher Bedeutung sind.
Sobald das alleinige Sorgerecht bei Ihnen liegt, ist auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht von Ihnen allein auszuüben.
Abschließend kann ich Ihnen nur empfehlen, einen Rechtsanwalt vor Ort mit Ihrer Interessenwahrnehmung zu beauftragen. Darüber hinaus steht es Ihnen offen, sich beim Jugendamt Informationen und gegebenenfalls Hilfe zu holen.