Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre gestellte Frage beantworte ich wie folgt:
Ich verstehe Ihre Anfrage so, dass es im vorliegenden Fall zu keiner Festsetzung der jährlichen Ziele gekommen ist und die Arbeitgeberin nun aufgrund dieser Umstände die Provisionszahlung verweigert.
Steht der Provisionsrahmen an sich fest und werden ausschließlich die Ziele nicht festgelegt, ist danach zu unterscheiden, ob die Zielfestlegung einvernehmlich im Sinne einer sog. Zielvereinbarung der Vertragsparteien oder einseitig durch den Arbeitgeber im Sinne einer sog. Zielvorgabe zu erfolgen hat. Dazu ist im vorliegenden Fall der komplette Vertragstext auszulegen. Ist der Provisionsregelung im Wege der Auslegung nicht zu entnehmen, welche Art der Zielfestlegung gewollt ist, ist im Zweifel von einer Zielvorgabe auszugehen, die prinzipiell vom Arbeitgeber auszufüllen ist. Unterbleibt die Zielvorgabe, so ist sie durch das Gericht gem. § 315 III 2 BGB
zu ersetzen. Sofern Sie die dann durch das Gericht gesetzten Ziele erreicht haben, haben Sie einen Anspruch auf Ihre Provisionszahlung.
Ist eine zweiseitige Zielvereinbarung anzunehmen, und kommt eine Einigung zwischen den Arbeitsvertragsparteien über die Zielfestlegung nicht zu Stande, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Arbeitnehmer unmittelbar auf Zahlung klagen kann; die rechtliche Begründung ist dabei umstritten. Entsprechend entschieden hat dazu das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.12.2007 zu Az.: 10 AZR 97/07
:
"Hat der Arbeitnehmer auf Grund einer Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien für jedes Kalenderjahr gemeinsam festzulegenden Ziele erreicht, steht ihm wegen entgangener Bonuszahlung Schadensersatz zu, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde. Der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bildet die Grundlage für die Schadensermittlung. Trifft auch den Arbeitnehmer ein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, ist dieses Mitverschulden angemessen zu berücksichtigen."
Nach beiden rechtlichen Gestaltungen scheint Ihr Anliegen nicht aussichtlos. Sie sollten die fehlenden Details klären und sich dann ggf. anwaltlich gegen die Arbeitgeberin vertreten lassen, wenn keine Einigung möglich sein sollte.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten hilfreichen Überblick in der Sache verschafft zu haben. Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 04.11.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Matthes,
besten Dank für Ihre verständliche Antwort.
Ich verstehe nicht wie zu unterscheiden ist ob die Zielfestlegung einvernehmlich im Sinne einer sog. Zielvereinbarung der Vertragsparteien oder einseitig durch den Arbeitgeber im Sinne einer sog. Zielvorgabe erfolgt.
Die Überschrift über das Dokument ist Zielvereinbarung
zwischen A und B
Es steht nichts davon drin wer jährlich neu festlegt.
Leider sind Sie nicht darauf eingegangen, wie die zwei Schlußsätze zu interpretieren sind (siehe erste Frage):
Die Ziele werden jährlich neu festgelegt und sollen sich an den Ergebnissen des Vorjahres orientieren.
(Leerzeile im Vertrag………………………………………………..)
Die Vertragsbestandteile gehen in die neu zu gründende GmbH über sobald diese rechtsfähig ist.
Ich wäre Ihnen dankbar wenn Sie hierzu Stellung nehmen könnten.
Besten Dank im Voraus!
Bei eimer Zielvereinbarung einigen sich die Parteien über die Ziele. Bei einer Zielvorgabe bestimmt allein der Arbeitgeber die Ziele ohne Mitsprache durch den Arbeitnehmer.
Die Überschrift deutet an, dass hier eine einvernehmliche Zielfestsetzung durch beide Parteien erfolgen soll. Die Auslegung des Vertrags erfordert aber die Kenntnis des vollen Vertragsinhaltes und nicht nur eine auszugsweise Zitierung von zwei Sätzen, die so nicht viel miteinander gemein haben. Eine verbindliche Einordnung zwischen Zielvereinbarung / -vorgabe kann ich anhand Ihrer Angaben nicht vornehmen.
Eine Wertung wie z.B. "Satz 1 hebt Satz 2 auf" oder ähnliches kann ich Ihnen nicht geben. Der erste Satz regelt ansatzweise die Zielfestsetzung; der zweite Satz bezieht eine zu gründende GmbH mit ein. Ich gehe davon aus, dass die GmbH inzwischen Arbeitgeberin ist und daher die Fragen der ggf. unvollständigen Zielfeststellung gegenüber der GmbH zu klären sind. Eine weitergehende Wechselwirkung zwischen den Formulierungen kann ich derzeit nicht erkennen.
Mit freundlichen Grüßen