Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach dem Gesetz kann der Arbeitnehmer unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit immer mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende oder zum Fünfzehnten eines Monats kündigen (§ 622 Abs. 1 BGB
).
Für den Arbeitgeber gelten zeitlich gestraffelte Kündigungsfristen (§ 622 Abs. 2 BGB
):
Wenn ein Arbeitsverhältnis weniger als zwei Jahre bestanden hat, beträgt, die gesetzliche Kündigungsfrist vier Wochen zum Monatsende oder zum Fünfzehnten eines Monats. Wenn das Arbeitsverhältnis länger als zwei Jahre, aber weniger als fünf Jahre bestanden hat, beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen nur zum Monatsende. Hat das Arbeitsverhältnis länger als fünf Jahre bestanden, beträgt die Kündigungsfrist zwei Monate zum Monatsende.
(Wenn im Betrieb des Arbeitgebers im Durchschnitt nicht mehr als 20 Vollzeit-Arbeitnehmer, ausschließlich der Auszubildenden, beschäftigt werden, kann eine Kündigungsfrist vereinbart werden, die nicht zum Monatsende endet. Sollte dies bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber der Fall sein, wäre eine Kündigung auch nach Ablauf von zwei Jahren mit der jeweiligen gesetzlichen Frist auch zum 15. eines Monats möglich, da dies einzelvertraglich nach Ihrer Sachverhaltsschilderung so vereinbart wurde. Beschäftigt Ihr jetziger Arbeitgeber in der Regel mehr als 20 Vollzeit-Arbeitnehmer, ausschließlich der Auszubildenden, ist eine Kündigung nach Ablauf von zwei Jahren nur noch zum Monatsende möglich.)
Ich gehe davon aus, dass Ihre Formulierung:
"Jede gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zu Gunsten des Arbeitnehmers gilt in gleicher Weise auch zu Gunsten des Arbeitsgebers. "
so zu verstehen ist, dass die gestaffelten Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB
auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten sollen. Eine solche Vereinbarung ist zulässig.
Sie haben nicht mitgeteilt, wann genau Ihr aktueller Arbeitsvertrag im Jahr 2014 geschlossen wurde, so dass offenbleibt, ob der Arbeitsvertrag vor mehr als zwei Jahren geschlossen wurde. Dies wäre der Fall, wenn Ihr jetziger Arbeitsvertrag vor dem 15.06.2014 geschlosse wurde.
Es ist möglich, in einem Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit ein früheres Arbeitsverhältnis mit einbezogen werden soll. Dadurch verlängert sich auch die Kündigungsfrist nach § 622 Absatz 2 BGB
. Dies ist zulässig, da längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen individualvertraglich immer vereinbart werden können. Von 2011 bis zur Aufhebung des Arbeitsvertrages im Jahr 2014 liegt für die Berechnung der Kündigungsfrist somit ein einheitliches Arbeitsverhältnis vor.
Ihr Arbeitsvertrag von 2014 enthält nicht eine solche Einbeziehungsklausel für das vorhergehende Arbeitsverhältnis. Gegen ein einheitliches Arbeitsvehältnis spricht auch, dass die Person des Arbeitgebers 2014 gewechselt hat.
Im Ergebnis können Sie auf jeden Fall mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende kündigen, auch wenn Ihr jetziger Vertrag vor dem 15.06.2014 geschlossen worden sein sollte.
Was Ihnen von einer drei- oder sechsmonatigen Kündigungsfrist erzählt wurde, ist Unsinn. Ob eine Bindung Ihres Arbeitsvertrages an einen Tarifvertrag mit verlängerten Kündigungsfristen vorliegt, durch den verlängerte Kündigungsfristen als die gesetzlichen geregelt wurden, kann ich auf Grund des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts nicht beurteilen. Es pielt aber auch keine Rolle, da eine einzelvertragliche Regelung, die für den Arbeitnehmer günstiger ist, abweichend von einem anwendbaren Tarifvertrag immer wirksam vereinbart werden kann. Eine vierwöchige Kündigungsfrist ist für den Arbeitnehmer aber günstiger als eine mehrmonatige Frist.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 15.06.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Guten Tag Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Es handelt sich um ein Unternehmen mit gut 150 Mitarbeitern. Ich weiß nichts von jeglichen Tarifbedingungen. Daher gehe ich weiterhin davon aus, dass ich mit vier Wochen zum Monatsende kündigen kann.
In meiner obigen Frage hatte ich noch zu einer Aussage zu meiner möglichen neuen Kündigungsfrist gebeten. Diese wird vermutlich sechs Monate betragen, welches natürlich ein großer Unterschied zu den jetzigen vier Wochen darstellt. Wir reden hier vom digitalen Medienbereich, ebenfalls ca. 150 Mitarbeiter. Schätzen Sie eine solch lange Kündigungsfrist in dem Medien-Bereich als normal ein? Als vorteilig/nachteilig ein?
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
normal sind sechsmonatige Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer nicht.
Ob eine so lange Kündigungsfrist vom Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag hineingeschrieben wird, hängt weniger von einer spezifischen Branche ab, sondern ob der Arbeitnehmer eine für den Arbeitsplatz erforderliche hohe oder seltene berufliche Qualifikation hat, dass es dem Arbeitgeber schwerfallen wird, im Fall des Weggangs des Arbeitnehmers kurzfristig einen Ersatz zu finden.
Vorteilig ist eine lange Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer dann, wenn es ihm im Falle der Kündigung durch den Arbeitgebeer schwerfallen wird, eine neue Stelle zu finden - etwa weil er schon älter ist oder auf Grund einer schlechten Arbeitsmarktlage. Dann hat er mehr Zeit zur Stellensuche, der Zeitpunkt des Bezugs des (niedrigeren) Arbeitslosengeldes wird zeitlich nach hinten geschoben und ggfs. verlängert sich die Anspruchszeit des Bezuges von Arbeitslosengeld I.
Nachteilig ist eine lange Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer dann, wenn er an einem kurzfristigen Stellenwechsel interessiert ist - etwa wegen eines beabsichtigten Wohnortwechsels oder weil er die Aussicht hat, kurzfristig eine lukrativere anderweitige Stelle anzutreten. Häufig muss man in solchen Fällen schnell zugreifen und in der Lage sein, die neue Stelle kurzfristig anzutreten. (Gerade dies soll durch eine lange Kündigungsfrist erschwert werden.) In diesem Fall hat der Arbeitnehmer dann nur die Wahl, entweder gegenüber dem alten Arbeitgeber vertragsbrüchig zu werden und sich der Gefahr von Schadenersatzansprüchen auszusetzen, oder aber auf das Entgegenkommen des alten Arbeitgebers angewiesen zu sein und dessen Bereitschaft, den Arbeitnehmer durch einen Aufhebungsvertrag vorzeitig aus dem Arbeitsvertrag zu entlassen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt