Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne nehme ich zu Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt Stellung:
1.
Ihr Arbeitgeber hat natürlich recht, soweit er darauf verweist, dass Sie zu privaten Zwecken eine E-Mail unter der Firmenadresse nicht versenden dürfen. Soweit Sie eine solche E-Mail lediglich an Ihren Arbeitgeber versendet haben, um über Ihren Krankheitsverlauf zu informieren, halte ich eine solche Reaktion allerdings für übertrieben. Dies sollte also keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben.
Allerdings ist der Vorwurf Ihres Vorgesetzten bezüglich einer E-Mail, die Sie an eine Geschäftsverbindung der Firma während Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit versendet haben, nicht ganz abwegig. Dies kann mehrere Gründe haben. Zum einen ist eine vorzeitige Arbeitsaufnahme aus versicherungsrechtlichen Gründen nur mit Zustimmung Ihrer Firma möglich und zum anderen hat Ihre Firma auch ein Interesse an klaren Verhältnissen, welche die Betriebsorganisation betreffen. So ist es denkbar, dass Ihre Aufgaben vertretungsweise einem anderen Mitarbeiter übertragen wurden und Geschäftsverbindungen Ihre Abwesenheit kommuniziert wurde. So Sie nun trotz Abwesenheit weiter betriebliche Aufgaben wahrnehmen, wirft das nicht unbedingt ein gutes Licht auf Ihre Firma. Aber auch hier sollte eine solche Verfehlung nicht zu einer Abmahnung und anschließender Kündigung berechtigen, dies vor allem, weil Sie mit Ihrem Verhalten pflichtbewusst betriebliche Interessen wahrgenommen haben.
Der vorgenannte Vorwurf Ihres Arbeitgebers ist jedoch nicht als eine Abmahnung zu qualifizieren. Sie muss nämlich nicht nur hinreichend bestimmt das Fehlverhalten beschreiben, sonder auch deutlich arbeitsrechtliche Konsequenzen ankündigen, da sie sonst ihre Warnfunktion nicht erfüllt.
2.
Im heutigen elektronischen Zeitalter ist auch die E-Mail einer Firma im kaufmännischen Schriftverkehr als ein Geschäftsbrief zu qualifizieren, weshalb die Angabe der sog. Signatur gesetzliche Pflicht ist. Dies gilt jedoch nicht bei unternehmensinternen E-Mails. Bei Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Anforderung kann durch das zuständige Registergericht gegen das Unternehmen ein Ordnungsgeld festgesetzt, oder dieses von Wettbewerbern mittels einer Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
3.
Der Vorwurf der Spionage ist natürlich weit hergeholt. Zu einer genauen Beurteilung der evtl. rechtlichen Konsequenzen wäre es notwendig, Ihre Tätigkeitsbeschreibung zu kennen sowie einiges über die Betriebspraxis. Soweit Sie als Mitarbeiterin auf den Server der Geschäftsführung zugreifen konnten und dies dem Unternehmen bekannt war, auch wenn dies nicht unmittelbar zu Ihren betrieblichen Aufgaben gehörte, sollte dagegen nichts einzuwenden sein, soweit Sie die im Unternehmen erhaltenen Informationen nicht gegen die Interessen der Firma einsetzen oder verwenden. Dies sehe ich im vorliegenden Fall nicht. Etwas anders würde nur dann gelten, wenn Sie als Arbeitnehmerin darauf hingewiesen und angewiesen wurden, jeden Zugriff auf diesen Server zu unterlassen.
Allgemein ist es so, dass Mitarbeiter in der Regel durch Ihre Tätigkeit Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen erhalten. Zur Wahrung dieser Informationen werden die Arbeitnehmer zumeist durch den Arbeitsvertrag verpflichtet. Aber auch ohne explizite Regelung, ist ein Arbeitnehmer zur Wahrung der betrieblichen Interessen verpflichtet und damit auch zur Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Dazu gehören alle unternehmensbezogenen Tatsachen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat. Ein Verstoß gegen diese Pflicht setzt jedoch voraus, dass Sie diese Informationen nach außen verbreitet haben, was nach Ihren Schilderungen nicht der Fall ist. Ihr Unternehmen hatte es schlicht versäumt, entsprechende Informationen nur für einen bestimmten Personenkreis zugänglich zu halten, was offensichtlich nun nachgeholt wurde.
Aus diesem Grund halte ich auch dieses Verhalten nicht für geeignet, um durch eine verhaltensbedingte Kündigung das Arbeitsverhältnis kündigen zu können. Hinzufügen möchte ich noch, dass eine arbeitsrechtliche Abmahnung zumeist die Voraussetzung für eine wirksame Kündigung ist. Neben der Abmahnung muss es also noch einen Kündigungsgrund geben. So kann es durchaus sein, dass Sie im vorliegenden Fall mit einer Abmahnung rechnen müssen, dies heißt aber noch nicht, dass das darin bestimmte Fehlverhalten auch für eine Kündigung geeignet ist.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute! Gern können Sie von Ihrem Recht zu einer kostenlosen Nachfrage Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
R. Kirchhof, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 26.05.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vonRechtsanwalt Reik Kirchhof
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Vielen Dank für Ihre Antwort.
Noch eine Frage ist mir eingefallen. In welcher Zeit kann eine Abmahnung erteilt werden? Ich habe gehört, dass der AG nur zwei Wochen Zeit hat eine Abmahnung zu erteilen?
Danke
MfG
Eine Frist für den Ausspruch einer Abmahnung gibt es nicht. Eine verspätete Abmahnung kann jedoch verwirkt, also unwirksam und damit ohne Konsequenzen sein, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der langen Zeitspanne davon ausgehen durfte, dass sein Fehlverhalten keine Konsequenzen haben würde. Die Zwei-Wochen-Frist, von der Sie gehört haben, ist hingegen bei der fristlosen Kündigung relevant. Hier darf der Arbeitgeber die Kündigung nur auf Gründe stützen, die nicht länger als zwei Wochen zurückliegen, da er bei weiterem Zuwarten zu verstehen gibt, dass die Gründe eben doch nicht so schwerwiegend sind, dass sie eine fristlose Kündigung tragen könnten.
Ich hoffe, Ihre Frage beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
R. Kirchhof, RA