Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Angaben wie folgt beantworten möchte:
1. Welche Ansprüche kann ein Bevollmächtigter nach dem Tod des Vollmachtgebers noch geltend machen, wenn er nicht der Erbe ist?
Zunächst ist festzustellen, dass eine Vollmacht beim Tod des Vollmachtgebers grundsätzlich nicht erlischt, vgl. § 168 BGB
iVm § 672 BGB
. Daraus folgt, dass der Bevollmächtigte zunächst die Vollmacht weiterhin nutzen und alle darin festgelegten Rechte geltend machen kann.
2. Wie lange darf er über die Konten verfügen und zu welchen Zweck?
Wie soeben festgestellt, darf der Bevollmächtigte weiterhin im Rahmen der Vollmacht tätig werden, bis der Sinn des Auftrags erreicht wird.
3. Wie kann ich den Mißbrauch der Vollmacht ausschliessen, auch wenn ich noch keinen Erbschein habe?
Sofern Sie der einzig lebende Verwandte Ihrer Schwester sind und kein Testament vorhanden ist, sind Sie gem. § 1925 Abs. 3 BGB
gesetzlicher Alleinerbe. Im Zeitpunkt des Erbfalls geht sämtliches Vermögen auf den Erben über. Dazu gehört insbesondere auch, dass der Erbe in das Giroverhältnis zur Bank eintritt. Ihnen als Erbe steht also das beim Erbfall vorhandene Guthaben zu, sofern Ihre Schwester die Einlage nicht durch einen Vertrag zugunsten der Freundin dem Nachlass entzogen hat. Dafür müsste jedoch ein Vertrag bei der Bank vorhanden sein. Dies könnten Sie zunächst erfragen.
Sofern ein solcher Vertrag nicht besteht, gehört Ihnen entsprechend das Guthaben auf den Konten. Um einen Mißbrauch der Bankvollmacht in diesem Fall auszuschließen, sollten Sie diese schnellstmöglich widerrufen. Dieses Recht steht Ihnen als Erbe zu.
Ein Widerruf kann gegenüber dem Bevollmächtigten, aber auch gegenüber der Bank oder durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Wie Sie ganz richtig feststellen, benötigt die Bank für die Feststellung Ihrer Legitimation einen auf Sie ausgestellten Erbschein. Entsprechend wird die Bank möglicherweise den Widerruf der Vollmacht zunächst nicht akzeptieren. Nichstdestotrotz sollten Sie den Widerruf gegenüber Bevollmächtigtem und der Bank erklären, auch wenn noch kein Erbschein vorliegt. Im Zweifel sollte die Bank Auszahlungen oder ähnliches bis auf Weiteres stoppen, bis der Erbschein von Ihnen vorgelegt wird.
Der Widerruf gegenüber der Bevollmächtigten hat den Sinn, dass diese sich im Zweifel schadensersatzpflichtig macht, wenn sie die Vollmacht weiterhin nutzt. Der Widerruf sollte wegen der besseren Beweisbarkeit unbedingt schriftlich erfolgen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den obigen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben. Bitte beachten Sie jedoch, dass dieses Forum keine persönliche Rechtsberatung ersetzen kann und dass durch Hinzufügen oder Weglassen wichtiger Informationen die rechtliche Bewertung anders ausfallen kann.
Bei Nachfragen nutzen Sie gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag!
Mit freundlichen Grüßen
Nele Trenner
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 25.07.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Trenner, vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Ich habe noch eine Frage zum Verständnis des Zeitpuktes des Widerrufes und zur Schadenersatzpflicht des Bevollmächtigten:
Ist damit der schnellstmögliche Widerruf Voraussetzung für eine evt. Schadenseratzpflicht des Bevollmächtigten oder besteht diese bereits mit Kenntnis des Todes.
Vielen Dank und beste Grüsse.
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage möchte ich wie folgt beantworten:
Für eine mögliche Schadensersatzpflicht ist unbedingt der Widerruf erforderlich. Erst hierdurch verliert die Vollmacht ihre Wirkung und die Bevollmächtigte wird zur sog. Vertreterin ohne Vertretungsmacht. Ansonsten kann die Bevollmächtigte weiterhin rechtmäßig die Vollmacht benutzen und Rechte hieraus geltend machen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Nele Trenner
Rechtsanwältin