Anspruch auf nachehelichen Unterhalt oder Aufstockungsunterhalt?
| 22.03.2007 15:13
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Beantwortet von
Rechtsanwalt Thomas Bohle
Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Frage betrifft die Scheidung meiner Eltern und ich möchte auf diesem Wege herausfinden, wie die allgemeine Rechtslage in diesem speziellen Fall aussieht.
Meine Eltern haben sich 2006 nach 32 Jahren Ehe scheiden lassen. Mein Vater ist vollzeit beschäftigt, meine Mutter (54) war lange Zeit Hausfrau, hat mich - jetzt 28 Jahre - großgezogen und ist nun arbeitssuchend, was sich aber nach langjähriger (20 Jahre) Auszeit und aufgrund ihres Alters als schwierig darstellt. Sie bewirbt sich regelmäßig und versucht in ihrem gelernten Beruf als Einzelhandelskauffrau oder als Bürokraft wieder Fuß zu fassen. Während der 7-jährigen Trennungszeit ist es ihr auch bereits zweimal gelungen für jeweils 1 Jahr angestellt zu werden, was ihren Willen zur Arbeit untermauert, leider hatte sie kein großes Glück und wurde bei Restrukturierungsmaßnahmen jeweils ohne eigenes Verschulden entlassen. Da auch das anschließende Arbeitslosengeld nun ausgelaufen ist und sie momentan für Bürotätigkeiten nur ein geringfügiges Einkommen von monatlich 200 EUR bezieht, ist sie auf die Unterhaltszahlungen meines Vaters angewiesen. Dieser ist allerdings nicht mehr bereit, Unterhalt zu zahlen, da er sich nicht mehr in der Verantwortung sieht.
In seiner Argumentation bezieht er sich vor allem darauf, dass das anstehende neue Unterhaltsrecht die Eigenverantwortung der Ehefrau höher bewertet. Da meine Mutter bisher nicht ausreichend belegen konnte, dass sie sich beworben hat, sieht er hier keinerlei Anspruch ihrerseits. Bisher wurde von seiner Seite noch ein Aufstockungsunterhalt von 500 EUR gezahlt, als Basis wurde hier ein fiktives Gehalt meiner Mutter von 900 EUR angesetzt, aber auch diese Zahlungen möchte er jetzt einstellen.
Meine Mutter hat nun (ab letzter Woche) ihre Bewerbungsbemühungen intensiviert und schickt im Schnitt 1 Bewerbung (meistens Initiativbewerbungen) am Tag raus, der Rücklauf ist sehr gering.
Ziel meiner Anfrage bei Ihnen ist es nun, zu klären, ob meine Mutter einen Anspruch auf Unterhalt / Aufstockungsunterhalt hat bzw. wie hoch im Falle eines Gerichtsverfahrens ihre Chance sind, diese durchzusetzen.
Meine Fragen im Einzelnen:
- Hat meine Mutter grundsätzlich noch Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?
- Welche Voraussetzungen muss sie erfüllen, um ihren Willen der Arbeitsfindung stichhaltig zu belegen?
- In den letzten Monaten wurde ihr ja nur der Aufstockungsunterhalt von 500 EUR gezahlt. Bei Nachweis ihrer Bewerbungen müßte ihr Anspruch doch eigentlich höher ausfallen, oder?
- Welche Änderungen ergeben sich durch die Unterhaltsreform? Bzw. wie ist die Rechtssituation bei einer jetzt eingereichten Unterhaltsklage: Wird diese nach altem oder neuen Recht durchgeführt oder ist sie im Zweifel in einem halben Jahr angreifbar?
- kann es sein, dass ein eventueller Unterhaltsanspruch durch das Gericht zeitlich begrenzt wird? Wenn ja, über welchen Zeitraum redet man da?
- Mein Vater strebt eine Frühverrentung in 5 Jahren an, ist dies für die eventuelle Festsetzung der Unterhaltshöhe von Belang?
Beide Parteien haben sich natürlich einen rechtlichen Beistand gesucht, der voll und ganz die jeweiligen Interessen vertritt und für die Gegenseite keinerlei Verständnis zeigt. Mein Wunsch ist es nun, hier eine dritte Meinung einzuholen, die mir die Argumentation beider Parteien sowie die möglichen Chancen bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung offenlegt. Vielleicht gelingt es mir dadurch, eine im beiderseitigen Interesse liegendes, außergerichtliche Lösung zu finden.
Vielen DAnk im voraus!