Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Fragen möchte ich Ihnen wie folgt beantworten:
1. Ihre Eltern sind Ihnen gegenüber nicht unterhaltspflichtig. Sie weisen schon darauf hin, dass kein Zusammenhang zwischen der ersten und der jetzt angestrebten Ausbildung besteht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Ihre Eltern Sie quasi in die Ausbildung gedrängt haben.
2. Die Voraussetzungen für elternunabhängige Leistungen liegen nicht vor. Die Vorschriften sind Ihnen bekannt. Gerade weil dieses der Fall ist, ist der Weg über § 36 BAföG die richtige Vorgehensweise. Sie würden in eine Rgelungslücke fallen, da Sie auf der einen Seite die Voraussetzungen nicht vorliegen, auf der anderen Seite aber auch die Eltern nicht unterhaltspflichtig sind. In den Verwaltungsvorschriften zu § 36 ist ausgeführt, dass analog zu § 11 BAföG eine elternunabhängige Förderung vorzunehmen ist, wenn keine Zahlungen geleistet werden, weil familienrechtlich kein Anspruch besteht.
Manche Gerichte sehen dieses zwar anders, dennoch vertrete ich die Auffassung, dass Leistungen zu bewilligen sind.
3. Folge Ihres Antrages ist natürlich, dass der Leistungsträger an Ihre Eltern herantritt, auch um die Unterhaltspflicht zu prüfen. Ob das BAfög-Amt Ihre Eltern klageweise in Anspruch nimmt, kann nicht vorhergesagt werden. In Anbetracht des Ausbildungsganges ist dieses eher unwahrscheinlich, aber eben auch nicht ausgeschlossen. Welche Kosten auf Ihre Eltern zukommen, wenn diese ein Verfahren verlieren sollten, kann ich nicht beurteilen. Das ist davon abhängig, in welcher Höhe Ihnen Förderung zuteil wird und welcher Betrag dann gegen Ihre Eltern geltend gemacht wird. Daraus ergibt sich der sogenannte Streitwert, der Grundlage für Berechnung der Kosten ist. Da dieser nicht bekannt ist, kann auch zur Höhe der Kosten nichts gesagt werden.
4. Ihre Eltern sind zur Auskunft verpflichtet. Das folgt aus § 47 Abs. 4 BAföG. Ihre Eltern sollten daher die Auskunft erteilen; aber auch schon gleich drauf hinweisen, dass Sie keine Zahlungen oder sonstige Unterhaltsleistungen, wie Unterkunft, Verpflegung etc. erhalten. Sie sollten dieses dann auch gleich damit begründen, dass sie nicht mehr unterhaltspflichtig sind.
Sobald Ihre Eltern zur Auskunft aufgefordert werden, sollten diese anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Anwalt kann dann den Schriftwechsel führen.
5. Sie können eine Erklärung beifügen; in dieser sollte ausgeführt werden, dass keine Zahlungen geleistet werden, weil auch keine Verpflichtung besteht und dass Sie auch keine sonstigen Leistungen erhalten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle