Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
die von Ihnen gestellte Frage beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
In Ihrem Fall geht es um den sogenannten Trennungsunterhalt, welcher zunächst nach der Trennung und vor der Scheidung zu zahlen ist.
Haben die Ehegatten während des Bestehens einer Ehe die eheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst, besteht ein Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB
. Für die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs kommt es auf die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten an.
Der Trennungsunterhalt richtet sich stets nach den ehelichen Lebensverhältnissen und kann weder befristet werden noch auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden. Im Unterschied zum nachehelichen Unterhaltsanspruch unterliegt derjenigen, welcher den Hausstand führte, im Trennungsjahr auch keiner Erwerbsobliegenheit.
Zwar nicht ausdrücklich normiert, aber als allgemeiner Grundsatz des Unterhaltsrechtes gilt auch hier, dass ein Anspruch nur besteht, wenn der Berechtigte bedürftig und der Verpflichtete leistungsfähig ist.
Die Bedarfsermittlung erfordert regelmäßig eine konkrete Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die den ehelichen Lebensstandard bestimmt haben.
Bedürftig ist eine Person, wenn und soweit sie nicht in der Lage ist, ihren Bedarf selbst zu befriedigen, § 1577 Abs. 1 BGB
. Bedürftig ist der Unterhaltsberechtigte folglich, soweit sein Bedarf nicht gedeckt ist. Dies erfordert eine aktuelle Betrachtung der finanziellen Verhältnisse des Unterhaltsberechtigten.
Kernproblem ist hier also, ob Sie bedürftig sind. Sie erzielen als Freiberuflerin so gut wie keine Einkünfte, sind aber Eigentümerin von 2 Eigentumswohnungen.
Hier ist also fraglich, ob die Eigentumswohnungen bei der Ermittlung der Bedürftigkeit und somit bei der Berechnung des Unterhaltes zu berücksichtigen sind.
Bei der Frage, ob das Vermögen zur Deckung des eigenen Bedarfes und damit zur vollständigen oder teilweisen Senkung der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten heranzuziehen ist, muss zwischen dem Stamm des Vermögens (dem eigentlichen Kapital) und den Erträgen daraus unterschieden werden. Dies ist für den Trennungsunterhalt nicht gesetzlich normiert, folgt aber aus dem Grundsatz, dass unterhaltsbedürftig nur derjenige ist, der sich nicht selbst unterhalten kann. Hier gelten die gleichen Regeln wie beim Unterhaltspflichtigen.
Verfügt der unterhaltsberechtigte Ehegatte (hier also Sie) über eigenes Vermögen, so sind die Erträge daraus grundsätzlich zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Die Erträge sind als laufende monatliche Einkünfte anzusehen und entsprechend umzurechnen. Abzuziehen sind Steuern und Werbungskosten. Auf die Herkunft der Erträge kommt es dabei nicht an. So sind also auch Mieteinnahmen grundsätzlich zu berücksichtigen.
Sie sind auch nicht verpflichtet, allein von den erzielten Mieteinnahmen Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Allerdings werden diese Einnahmen als Einkommen berücksichtigt und angerechnet und finden daher auch Berücksichtigung bei der Berechnung des Trennungsunterhalts.
Darüber hinaus muss ein sogenannter ersparter Wohnvorteil berücksichtigt werden, da Sie in Ihrer eigenen Wohnung wohnen und Mietkosten einsparen. Dies ist bei der Berechnung der Bedürftigkeit, also auch des Trennungsunterhalts quasi als fiktive Mietersparnis anzurechnen.
Der Einsatz des Vermögensstamms ist dem getrennt lebenden Ehegatten zur Deckung seiner Lebensbedürfnisse grundsätzlich während der Trennung nicht zumutbar. Der noch vorläufige Charakter der Trennung führt dazu, dass in aller Regel auch keine endgültigen Vermögensdispositionen erwartet werden können. Folglich ist der Unterhaltsberechtigte nicht gehalten, Sparvermögen für seinen Unterhalt einzusetzen.
Sie sind hier aber keineswegs gehalten, die Wohnungen zu veräußern, um von dem Erlös den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es ist nachvollziehbar, dass der Anwalt Ihres Mannes diese Ansicht vertritt. Allerdings wird Ihr Anwalt die gegenteilige Ansicht vertreten.
Die Wohnungen müssen schon allein deshalb nicht verwertet werden, weil Sie daraus Erträge durch Mieteinnahmen erzielen. Anders würde es sich verhalten, wenn die Wohnungen leer stünden. Dann könnte man Sie verpflichten, diese zu verwerten, zu vermieten oder selbst zu bewohnen.
Daher ist hier die Ansicht Ihres Anwalts vorzugswürdig.
Am Rande sei hier bemerkt, dass der Anwalt Ihres Mannes hier offensichtlich nicht bedacht hat, dass im Fall einer Verwertung der Wohnung, die Ihr Mann bewohnt, dieser unter Umständen auch ausziehen muss.
Am Ende ist Ihre Frage, welcher Anwalt nun Recht hat, nicht eindeutig zu beantworten. Man kann hier beide Ansichten vertreten und natürlich ist es die Aufgabe jedes Anwalts für seinen Mandanten die beste Lösung zu finden. Daher vertritt der Anwalt Ihres Mannes zu Recht seine Meinung und Ihr Anwalt vertritt zu Recht seine Meinung. Eine Entscheidung kann hier nur gerichtlich herbeigeführt werden.
Aber meines Erachtens ist die Ansicht Ihres Anwalts vorzugswürdig. Die gegenteilige Meinung, nach welcher Sie die Wohnungen verwerten müssen, um Ihren Lebensunterhalt daraus zu bestreiten, kann nicht standhalten.
Sie können Ihrem Anwalt bei dessen Vorgehen durchaus vertrauen und sollten das Ergebnis der Angelegenheit abwarten. Es ist wohl davon auszugehen, dass hier Bedürftigkeit vorliegt und daher auch ein Anspruch gegen Ihren Mann auf Trennungsunterhalt besteht.
Diese Antwort ist vom 21.06.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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