Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchten:
.) Hatte ich für die Zeit im offenen Vollzug Anspruch auf Krankengeld (im offenen Vollzug wurde AU vom "normalen" Arzt" noch bescheinigt ?
Während der Haft ruhen Ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Die jeweilige JVA ist für Ihre Gesundheitsfürsorge zuständig. Dies gilt auch für den offenen Vollzug. Ein „normaler" Arzt kann eine AU ausstellen, da Sie ja in der Regel im offenen Vollzug einer Arbeitstätigkeit nachgehen und der Arbeitgeber diese AU braucht. Die Kosten trägt aber nicht Ihre Krankenkasse, sondern die JVA.
2.) Darf die KK die Haftzeit auf die Höchstbezugsdauer des Krankengeldes anrechnen ?
In der JVA gab es keine Behandlung wg. Depression es wurde auch nicht attestiert.
Mit der Anstaltsärztin habe ich über viele Einschränkungen durch die Haft gar nicht gesprochen, weil sich die Anforderungen des normalen Lebens in der Haft ja abgenommen werden. Alles wird für einen erledigt. Man ist für nicht selbst verantwortlich.
Nein, das darf sie nicht. Ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung ruhen in der Zeit des Strafvollzugs und leben nach der Haftentlassung wieder auf.
3.) Habe ich ab Aufnahme in der chirurgischen Klinik Anspruch auf Krankengeld (Klinik hat AU bis 15.9 beschenigt. Diagnose: Zust.n. Magen-OP)
Ja, wenn die erste Krankheit definitiv nicht Ursache der Krankschreibung ist, § 48 SGB V
. Ist die zweite Erkrankung (Magen) allerdings aufgetreten, als die erste Erkrankung schon bestand, verlängert sich der Bezugszeitraum nicht., § 48 Abs. 1, S. 2 SGB V
:" Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert."
4.) Lässt sich die Höchstbezugsdauer dadurch „ verlängern", dass man ggf. zum richtigen Zeitpunkt die Diagnose ändert, indem man z.B die Alkoholkrankheit offenbart?
Nein, siehe Antwort 3. Eine neue Diagnose verlängert den Bezugszeitraum nicht.
5.) Was muss ich JETZT tun bzw. von welchem Arzt brauche ich welche Bescheinigung um schnellstmöglich wieder Krankengeld ausgezahlt zu bekommen. Ich stehe im Prinzip seit der Entlassung völlig mittellos da.
Ihnen steht immer die Möglichkeit offen, Leistungen nach dem SGB II, umgangssprachlich Hartz IV zu beantragen. Um Krankengeld zu erhalten, müssten Krankheit A augeheilt sein und Krankheit B muss dann aufgetreten sein, als im Grunde Ihre Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt wurde. Dies müssen Ihre Ärzte bescheinigen, dann erhalten Sie auch Krankengeld. Sie haben unter Umständen auch einen Anspruch auf ALG 1.
6.) Welche Auswirkungen auf das alles hätte ein arbeitsgerichtlicher Vergleich mit Beendigungsdatum 30.06.11 ? Insbesondere wenn ich nach der Haft nicht mehr AU wegen Depression wäre, sondern wegen einer anderen Diagnose (Zustand n. Magen OP und/oder Alkoholabhängigkeit).
Möglicherweise erhalten Sie ja ALG 1, wenn Sie 12 Monate beschäftigt waren. Dort könnten Sie eine Sperre erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht innerhalb der Kündigungsfrist aufgelöst wurde. Da Sie aber nicht länger in der Beschäftigung standen als nach der ursprünglichen Kündigung, hat dieser Vergleich keine weiteren Auswirkungen.
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Diese Antwort ist vom 01.08.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Maike Domke
Blücherstraße 64
25336 Elmshorn
Tel: 041217891138
Web: http://www.anwalt-domke.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Maike Domke
Sehr geehrte Frau Domke,
leider hilft mir Ihre Auskunft überhaupt nicht weiter. Ich habe gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung argumentiert, dass man die Zeit im Vollzug nicht auf die 78-Wochen Höchstbezugsdauer anrechnen kann, da der gesamte Versicherungsschutz erloschen war.
Die Krankenkasse teilte mir daraufhin mit:
(Auszug aus der E-Mail)
"Sie waren für den gesamten Zeitraum des Aufenthaltes in der Justizvollzugsanstalt bei der BIG direkt gesund versichert, lediglich ruhte für diesen Zeitraum der Leistungsanspruch nach § 16 Abs. 1 Nr.4 SGB V. Der Leistungsanspruch lebt ab dem Entlassungsdatum wieder auf. Bitte reichen Sie uns zum Nachweis dringend die Haftentlassungsbescheinigung ein.
Zeiten, für die das Krankengeld ruht, sind auf die Leistungsdauer des Krankengeldes anzurechnen (§48 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Daher ist der Ruhenszeitraum vom 06.02.2012 bis 18.07.2012 bei der Berechnung der Höchstanspruchsdauer des Krankengeldes zu berücksichtigen. Es bleibt somit bei dem Ihnen bekannten maximalen Leistungsende. Einen entsprechenden Bescheid haben wir beigefügt."
Sie schreiben mir, dass diese Zeit nicht angerechnet werden darf, liefern mir aber überhaupt keine Argumentationsgrundlage (Gesetze, Rechtssprechung pp.) Was ist an der Argumentation der KK falsch ?
Würde sich die Bezugsdauer um die gut 5 Monate im Vollzug erhöhen, dann hätte ich alle anderen Probleme nicht, denn in dieser Zeit hoffe ich wieder arbeitsfähig zu sein. Der Anspruch auf Krankengeld würde ja dann nicht in 10/12 sondern erst in 03/13 enden.
Ich bitte dringend um Klärung!
Sehr geehrter Ratsuchender,
es ist richtig, dass es den § 48 Abs.
II SGB V gibt. Allerdings trifft der auf Sie nicht zu.
Allerdings ruht Ihr Anspruch auf das Krankengeld dann nicht, wenn Sie bei bereits bestehender Arbeitsunfähigkeit die Haft angetreten haben. Das bedeutet, wenn nichts ausgezahlt wurde, muss es nun nachgezahlt werden.
Wenn Sie im offenen Vollzug tatsächlich einer Arbeit nachgegangen sind, bei der Sie sozialversicherungspflichtig bechäftig waren, ruht die Gesundheitsfürsorge der JVA. Der Anspruch auf Krankengeld ruht wiederum nicht.
Wenn Sie weitere Hilfe in dieser Sache brauchen, kontaktieren Sie mich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Maike Domke
- Rechtsanwältin -