Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sofern der Notar Ihnen lediglich die Fertigung des Entwurfes in Rechnung stellt, werden Sie die Kosten bezahlen müssen. Denn Sie haben ihn ja nicht damit beauftragt, nur noch ein bereits von der Tante entworfenes Testament zu beurkunden. Der Auftrag umfasste ja, wenn ich dies Ihrer Schilderung richtig entnehme, auch die Errichtung des Testaments, wozu Sie ihm "die gewünschten Daten und Angaben" per Fax übermittelt haben. Die Fertigung des Testamentsentwurfes hat der Notar sodann auftragsgemäß erledigt, und diese Leistung hat bereits einen Vergütungsanspruch begründet.
Natürlich erschöpfte sich der Auftrag nicht allein in der Fertigung eines Entwurfes, sondern geschuldet war außerdem die Beurkundung. Da diese nicht erfolgt ist, wird der Notar dafür keine Gebühren nach der KostO verlangen können.
Schadensersatz wegen des Ihnen entgangenen Erbes werden Sie ebenfalls leider kaum durchsetzen können. Dazu bedürfte es zunächst einer Anspruchsgrundlage. Diese könnte in der Nichterfüllung des Notarvertrages liegen: Der Notar hatte sich dazu verpflichtet, das Testament zu beurkunden, obwohl er dies nicht durfte und deshalb letztlich seine Vertragspflicht nicht erfüllt hat. Da der Notarvertrag als Vertrag zugunsten Dritter einzuordnen sein wird, kann Ihnen grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch (als begünstigtem Dritten) gegen den Notar aus § 280 BGB zustehen. Voraussetzung ist aber, daß die Vertragsverletzung auch kausal für den Schaden geworden ist. Insofern wird es darauf ankommen, wann Ihre Tante gestorben ist, nachdem der Notar die Beurkundung abgelehnt hat. Denn wenn danach noch Gelegenheit gewesen wäre, seinen Entwurf von einem anderen Notar beurkunden zu lassen, und dies unterlassen wurde, wird eine Haftung des Notars ausscheiden. War dazu aber keine Zeit mehr, weil er z.B. Freitags morgens abgesagt hat, und die Tante abends verstorben ist, und auch ihre Unterschrift nicht mehr unter die Urkunde setzen konnte - das wäre ebenfalls wirksam gewesen! - dann kommt in der Tat ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Lagen aber zwischen geplatztem Termin und Todeszeitpunkt der Tante mehrere Tage, werden Sie sich fragen lassen müssen, weshalb denn in dieser Zeit kein anderer Notar zur Beurkundung herbeigeholt wurde - dies wird insbesonders gelten, wenn der bevorstehende Tod Ihrer Tante absehbar war und die Dringlichkeit quasi vor Augen stand.
Vor diesem Hintergrund empfehle ich Ihnen, die Rechnung des Notars und Schadensersatzforderungen konkret anwaltlich abklären zu lassen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt
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Rechtsanwalt A. Schwartmann
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