Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Sie sind mit § 19 VersAusglG
auf der richtigen Spur. Allerdings findet der Ausgleich dann gegebenenfalls später statt.
Grundsätzlich sind sämtliche während der gesamten Ehe von beiden Ehegatten erwirtschafteten Altersvorsorgeanrechte jeweils hälftig zu teilen.
Sobald Sie die Scheidung in Deutschland einreichen, werden Sie und Ihr Mann vom Gerichte jeweils einen Fragebogen erhalten, in dem Sie und er (jeder für sich) sämtliche Altersvorsorgeanrechte angeben müssen, also nicht nur die gesetzliche Deutsche Rentenversicherung, sondern auch öffentliche Zusatzversorgungen, Betriebsrenten, private Rentenversicherungsverträge etc., soweit solche Versorgungsanrechte vorhanden sind. Dazu gehören auch die Anrechte bei einem ausländischen Versicherungsträger.
Das Gericht ermittelt dann von Amts wegen den Wert der jeweiligen Anrechte. Dazu müssen die beteiligten Versorgungsträger dem Gericht jeweils entsprechende Berechnungen vorlegen.
Anschließend wird das Familiengericht die in der Ehezeit erworbenen Anrechte hälftig teilen und eine Hälfte auf ein Versorgungskonto des anderen Ehegatten übertragen.
Im Ergebnis muss also alles hälftig geteilt werden. Dazu gehören sämtliche von Ihnen während der Ehe erworbenen Anrechte, aber auch sämtliche von Ihrem Mann während der Ehe erworbenen Anrechte, unabhängig davon, wo er diese Anrechte erworben hat. Seine in den USA erworbenen Anrechte werden also im Versorgungsausgleich berücksichtigt. Dies gilt auch für die gesamte Trennungszeit. Erst wenn die Scheidung eingereicht und dem anderen Ehegatten zugestellt wird, liegt der Stichtag fest, ab dem kein Ausgleich mehr stattfindet.
Das deutsche Gericht kann allerdings derartige Anweisungen zur Übertragung von Versicherungsverträgen nur erteilen, wenn sich der entsprechende Versorgungsträger in Deutschland befindet. Auf ausländische Versorgungsträger hat eine deutsche Gerichtsentscheidung keinen Einfluss.
Deshalb sieht das Gesetz in solchen Fällen, in denen z.B. ausländische Anrechte bei der Scheidung noch nicht aufgeteilt werden können, eine andere Möglichkeit dafür vor, nämlich den so genannten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Sofern also Anrechte im Ausland bestehen, die bei der Scheidung noch nicht berücksichtigt werden konnten, wird der Ausgleich aufgeschoben, bis bei beiden Ehegatten die Voraussetzungen für den Renteneintritt (also Erreichen des gesetzlichen Rentenalters oder Eintritt einer Erwerbsunfähigkeit) vorliegen. Ab diesem Zeitpunkt kann der eine Ehegatte vom anderen Ehegatten eine so genannte schuldrechtliche Versorgungsrente verlangen. Vereinfacht gesagt: ab Eintritt des Rentenalters bekommt der eine Ehegatte vom ausländischen Versorgungsträger eine monatliche Rente und muss davon einen gewissen Betrag an den anderen Ehegatten abgeben. Ein Direktanspruch gegen den ausländischen Versorgungsträger hat der andere Ehegatte im Regelfall nicht.
Der von Ihnen erwähnte § 19 soll nicht ein Anrecht komplett aus dem Versorgungsausgleich herausnehmen, sondern nur den Zeitpunkt des Ausgleichs aufschieben.
Das Gericht wird also bei der Scheidung ermitteln, wie hoch Ihre deutsche Rentenanwartschaften insgesamt sind. Außerdem wird Ihr Mann dann eine Berechnung des ausländischen Versorgungsträgers vorlegen müssen, mit der er nachweist, welche ausländischen Anrechte er während der Ehe erworben hat. Das Gericht wird dann die Höhe der beiderseitigen Anrechte vergleichen und klären, welcher Ehegatte per Saldo ausgleichspflichtig sein wird.
Wenn sich dann herausstellt, dass Sie im Ergebnis von Ihrem Mann etwas zu bekommen hätten, Sie aber an diese Anrechte jetzt nicht rankommen, weil diese sich im Ausland befinden und Sie somit bis zum Rentenalter warten müssten, dann wird das Gericht auch Ihre deutschen Anrechte vorläufig nicht ausgleichen, weil Sie ansonsten jetzt etwas hergeben müssten, dafür die (möglicherweise unsichere) Gegenleistung jedoch erst in ferner Zukunft erhalten würden.
§ 19 Abs. 3 VersAusglG
hat also nur eine Sperrwirkung, so dass gegebenenfalls der Ausgleich jetzt bei der Scheidung nicht stattfindet, sondern erst sehr viel später, wenn beide Ehegatten das Rentenalter erreicht haben.
Bei Anrechten in den USA gilt die Besonderheit, dass es zwischen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und der US-amerikanischen gesetzlichen Rentenversicherung ein Sozialversicherungsabkommen gibt, so dass diese Anrechte gegebenenfalls Ihrem Mann im Rahmen der Deutschen Rentenversicherungsauskunft als in Deutschland erworben angerechnet werden.
Dieses Sozialversicherungsabkommen gilt jedoch nur für die gesetzliche Rentenversicherung.
Falls Ihr Mann in den USA z.B. einen 401-K-Plan anspart, würde auch dafür § 19 gelten, so dass Sie von Ihren deutschen Anrechten solange nichts hergeben müssten, wie Sie das Gegenanrecht Ihres Mannes nicht erhalten können.
Diese Regelungen zum Versorgungsausgleich gelten, wenn die Ehegatten keine anderweitige Regelung getroffen haben.
Alternativ können Sie mit Ihrem Mann eine (in Deutschland beim Notar zu beurkundende) ehevertragliche Regelung treffen und dabei den Versorgungsausgleich z.B. ganz oder teilweise ausschließen oder einzelne Anrechte aus dem Versorgungsausgleich herausnehmen. Bevor Sie eine solche Vereinbarung abschließen, sollten Sie jedoch ermitteln, wie hoch die beiderseitigen Anrechte sind. Sie können – jedenfalls bei der Deutschen Rentenversicherung - dazu ein Kontenklärungsverfahren veranlassen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Danke für die umfangreiche Auskunft.
Es wir so sein, dass ich keine Anrechte auf seine Anteile habe. Er hat weniger Verdienst und kaum gearbeitet während wir verheiratet sind. Deswegen suche ich nach einer Möglichkeit es komplett auszuschließen.
Ich hoffe, dass es über grobe Unbilligkeit irgendwie möglich ist. Ich werde die Scheidung in kürze Einreichen, damit die Anteile nicht zu hoch sind, falls doch kein Verzicht möglich ist.
Es gab bei uns auch häusliche Gewalt und mein Mann hat auch noch nie Unterhalt für unsere gemeinsame Tochter bezahlt, seitdem er nicht mehr mit uns lebt.
Deswegen hoffe ich dass der Richter einem Verzicht zustimmt.
Es wird auch so sein, dass mein Mann sich nicht zur Scheidung äußert und auch nicht zum Termin erscheint, er wird also auch keinen extra Antrag für den Ausgleich stellen.
MfG
Sehr geehrte Fragestellerin,
da in Ihrem Fall zwischen Heirat und Scheidungsantrag mehr als 3 Jahre liegen, muss das Familiengericht den Versorgungsausgleich zwingend von Amts wegen durchführen.
Es kann ein freiwilliger Verzicht auf den Versorgungsausgleich vereinbart werden. Dies ist jedoch nur möglich entweder durch notarielle Vereinbarung (die Ihr Mann ebenfalls unterschreiben müsste) oder durch Erklärung zu gerichtlichem Protokoll im Scheidungstermin. In diesem Fall müssten jedoch beide Ehegatten durch einen Anwalt vertreten sein. Falls Ihr Mann keinen Anwalt hat, funktioniert das nicht.
Ihr eigener Anwalt sollte im Scheidungsantrag vorsorglich den Wegfall des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG
wegen grober Unbilligkeit beantragen. Es müssen dann allerdings genügend Details geschildert werden, damit der Richter die grobe Unbilligkeit akzeptiert.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Angaben weiterhelfen.
Freundliche Grüße
Karin Plewe