Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Unterstellt, Sie haben das Grundstück tatsächlich zu einem marktgerechten Preis gekauft und keine Kenntnis von der drohenden Insolvenz des Verkäufers, sehe ich keine insolvenzrechtlichen Anfechtungsgründe gegeben. Im Einzelnen:
1. § 140 Abs. II InsO
Bei Kaufverträge über Immobilien richtet sich der für die Anfechtung maßgebliche Zeitpunkt nach der Auflassungsvormerkung. Da der Kaufvertrag vor vier Jahren geschlossen wurde, unterstelle ich einmal, dass auch die Auflassungsvormerkung sicherlich 3 Jahre zurückliegt. Dieser Zeitpunkt ist für die nachfolgend aufgeführten Anfechtungsmöglichkeiten im Blick zu behalten.
2. § 133 Inso
Rechtshandlungen die bis zu 10 Jahre vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wurden sind anfechtbar, wenn der Verkäufer durch den Verkauf des Grundstücks andere Gläubiger benachteiligen wollten und Sie davon wussten. Ihre Kenntnis wird vermutet, wenn sie von der drohenden Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatten. Ich unterstelle, Sie hatten davon keine Kenntnis. Auch dürfte es an einer Benachteiligung fehlen, wenn der Verkaufspreis marktgerecht war.
3. § 133 Abs. 4 InsO
Anfechtbar sind Rechtshandlung mit nahestehenden Personen, die innerhalb von zwei Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen wurden und Sie Kenntnis davon hatten, dass der Verkäufer seine Gläubiger benachteiligen wollte. Aufgrund des marktgerechten Kaufpreises dürfte es bereits an der Benachteiligung scheitern. Ob der Verkäufer Ihnen nahe stand, kann ich den Angaben nicht entnehmen.
4. § 130 InsO
Bei einer kongruenten Deckung - marktgerechter Preis - ist eine Anfechtung möglich wenn das Rechtsgeschäft innerhalb von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren vorgenommen wurde und der Schuldner zahlungsunfähig war und Sie die Zahlungsunfähigkeit kannten. Alles drei dürfte in Ihrem Fall nicht zutreffen sein.
5. Kenntnis von der drohenden Insolvenz
Dass Sie Kenntnis von einer drohenden Insolenz hatten, muss Ihnen der Insolvenzverwalter nachweisen.
6. Rückabwicklung
Unterstellt, der Insolvenzverwalter dringt mit seinem Anspruch durch, so müssen Sie das Grundstück zurückübertragen und Sie bekommen den Kaufpreis. Da es sich aber um Geld handelt, müssen Sie den Anspruch als Masseanspruch nach §§ 144
II, 55
I Nr. 3 InsO anmelden. Sie haben keinen Anspruch auf Zahlung des Geldes. Damit sind Sie zumindest vor den anderen Gläubigern zu befriedigen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für Ihre Beantwortung meiner Fragen. Bitte gehen Sie noch einmal auf Ihren Satz ein:
"Sie haben keinen Anspruch auf Zahlung des Geldes. Damit sind Sie zumindest vor den anderen Gläubigern zu befriedigen."
Inwiefern bin ich vor den anderen Gläubigern zu befriedigen?
Haben Sie vielen Dank vorab.
MfG
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage,
im Falle einer Rückabwicklung haben Sie keinen Anspruch auf Zahlung Ihres Geldes. Sie müssen den Anspruch, neben anderen Gläubigern, zur Tabelle anmelden. Wenn es an die Verteilung des Vermögens geht, gibt es ein Rangfolge unter den Gläubigern. Die Gläubiger werden in Gruppen aufgeteilt. Die beiden großen Gruppen sind die Massegläubiger und die Insolvenzgläubiger. Innerhalb einer Gruppe werden die Gläubiger prozentual gleichmäßig befriedigt. Erst wenn die Massegläubiger zu 100 % befriedigt sind erhalten die Insolvenzgläubiger Geld. Sie gehören zu den Massegläubigern und werden damit vor der großen Masse der Insolvenzgläubiger befriedigt. Abhängig vom Vermögen der Gesellschaft kann es natürlich sein, dass auch die Massegläubiger nicht voll, sondern nur prozentual befriedigt werden.
Mit freundlich Grüßend