Sehr geehrter Fragesteller,
ich beantworte gerne Ihre Fragen im Rahmen einer Erstberatung unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes und den Vorgaben dieses Forums.
Ich weise Sie rein vorsorglich darauf hin, dass meine Beratung im Rahmen dieses Forums nur als einee erste Orientierung dienen kann und eine Beratung mit einem Kollegen vor Ort mit Sichtung der Unterlagen nicht ersetzen kann.
Da mir nicht bekannt ist, wie sich Ihr Depot im Jahr 2008 zusammengesetzt hat, kann ich hier keine individuelle Überprüfung der vom Finanzamt zum Ansatz gebrachten Werbungskosten leisten.
Ich gebe Ihnen nachfolgend einige Hinweise, die Ihnen behilflich sein können, die Aufteilung der Werbungskosten durch das Finanzamt nachzuvollziehen und möglicherweise im Rahmen eines Einspruchsverfahrens dem eine andere Aufteilung entgegen zu setzen.
Hier liegt offensichtlich eine Schätzung seitens des Finanzamts vor. Das Finanzamt kann Besteuerungsgrundlagen, also auch Werbungskosten schätzen (§ 162 AO
).
Dabei muss die Schätzung, bei Ihnen also die Aufteilung auf die jeweilige Einkunftsart und die Kürzung im Rahmen des § 23 EStG
nachvollziehbar sein. Sie können im Wege des Einspruchs eine Erläuterung dieser Schätzung verlangen und dann gegebenenfalls eine andere Zuordnung verlangen.
Sie können allerdings Werbungskosten auch nur dann zu 100 % geltend machen, wenn in vollem Umfang ertragbringende Kapitalanlagen vorliegen. Bitte prüfen Sie daher Ihr Depot insgesamt, nicht nur die Erträgnisaufstellungen.
Mit ertragbringenden Kapitalanlagen können sowohl steuerpflichtige Einnahmen nach § 20 (Zinsen etc.) und § 23 EStG
(private Veräußerungsgeschäfte, d.h. Spekulationsgeschäfte) als auch nicht steuerbare Einnahmen (nach Ablauf der Spekulationsfrist) erzielt werden.
Sofern mit diesen Kapitalanlagen unterschiedliche Einkunftsarten verwirklicht werden (§§ 20
und 23 EStG
), müssen die damit zusammenhängenden laufenden Aufwendungen auf die jeweiligen Einkunftsarten aufgeteilt werden.
So können Sie die beispielsweise bei Zahlung einer Vermögensverwaltungsgebühr folgende Aufteilung vornehmen: Mit dieser Gebühr wird die Leistung zur Bestandsverwaltung (z.B. Überwachung von Dividenden- und Zinszahlungen, Teilnahme an Hauptversammlungen) und zur Umschichtung des Vermögens (Entscheidung über An- und Verkäufe; Entscheidung, die Kapitalanlage zu halten mit der Absicht, spätere Wertsteigerungen zu realisieren) vergütet.
Die Vermögensverwaltungsgebühr kann daher auf diese beiden Tätigkeitsschwerpunkte aufgeteilt werden, wobei aufgrund von Erfahrungen in der Praxis eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 erfolgen kann. Je nach Aufteilung des Depots und der getätigten Geschäfte kann bei Ihnen auch eine andere Proportion sinnvoll sein.
Soweit die Leistungen mit der Bestandsverwaltung (zur Erlangung von Zinsen und Dividenden) zusammenhängen, liegen Werbungskosten aus § 20 EStG
vor.
Der Anteil "Umschichtung" ist nach den Verkaufspreisen für steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäfte und für nicht steuerbare Umschichtungen aufzuteilen. Die insoweit auf die Einkünfte aus § 23 EStG
entfallenden Aufwendungen sind den Werbungskosten aus § 23 EStG
zuzuordnen. Die Umschichtungskosten, die mit nicht steuerbaren Veräußerungen zusammenhängen, stellen regelmäßig Werbungskosten aus § 20 EStG
dar (BFH v. 4.5.1993, BStBl 1993 II S. 832
; BFH v. 08.07.2003, BStBl 2003 II S. 937
).
Können die Aufwendungen direkt zugeordnet werden, sind sie bei der jeweiligen Einkunftsart insgesamt zu berücksichtigen. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als eine Aufstellung aller Werbungskosten zu erstellen und dann die Zuordnung vorzunehmen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und stehe für eine Nachfrage oder auch eine weitergehende Beratung gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Zerban
Rechtsanwältin
Steuerberaterin
§ 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 zugrunde gelegt werden.
Diese Antwort ist vom 06.08.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Zerban,
zunächst danke für die ausführliche Stellungnahme.
Zum Vorschlag, die Werbungskosten explizit zuzuordnen, habe ich noch eine Nachfrage zur Umsetzung.
Wenn ich die Werbungskosten nachvollziehbar (zu meinem Vorteil) zuordne, bin ich dann frei in der Wahl des Zuordnungskriteriums, beispielsweise
- nach Einkunftsarten?
- nach Depotpositionen / -struktur?
- nach getätigten Transaktionen?
oder muß ich mich hier Vorgaben des Finanzamtes beugen (d.h. am Ende vor Gericht um die Aufteilung / Zuordnung streiten)?
Mit freundlichem Gruß
...
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich hier beantworten möchte:
Sie können die jeweiligen Werbungskosten nur der Einkunftsart zuordnen, bei der sie angefallen ist. Sie können daher nicht frei entscheiden, wie Sie die Kosten aufteilen, bzw. zuordnene. Sachgerecht können Sie etwa Verkaufskosten nur im Rahmen des § 23 EStG
berücksichtigen;
Depotkosten können Sie an Hand der Erträge und Umsätze aufteilen.
Sie können also nicht willkürlich die Kosten zuordnen sondern nur entsprechend der objektiv getätigten Geschäfte.
Da ich die Vorgaben bei Ihnen durch das Finanzamt nicht kenne, kann ich ohne weiteren Sachverhaltsangaben keine genauen Auskünfte hierüber erteilen.
Wie gesagt, die Beratung auf diesem Weg kann Ihnen eine erste Orientierung und die Grundsätze vermitteln, aber mangels Kenntnis der Verhältnisse keine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten.
Sie können aber gerne mich nächste Woche anrufen, damit ich hier die Vorgehensweise allgemein noch einmal erläutere.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Zerban
Rechtsanwältin
Steuerberaterin