Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
I. Auf die Taten wäre Jugendstrafrecht anzuwenden, da Sie zum Zeitpunkt der Taten Jugendlicher gewesen sind.
Bitte beachten Sie aber, dass Sie erst seit Ihrem 14. Geburtstag strafmündig sind. Auf die Taten davor kommt es im strafrechtlichen Sinn daher nicht an. Diese Handlungen begründen kein strafwürdiges Verhalten.
Über das Strafmaß kann derzeit kaum Konkretes gesagt werden. Dazu müssten mehr Informationen zu den Taten vorliegen. Insbesondere wäre es wichtig zu erfahren, welche Handlungen genau vorgenommen worden sind. Vorerst soll darauf hingewiesen werden, dass ein Beischlaf zwischen Geschwistern nicht strafbar ist, wenn die Geschwister zur Zeit der Tat noch nicht 18 Jahre alt waren.
Schließlich wäre zu beachten, dass die Taten (soweit hier strafbares Handeln vorgelegen hat) möglicherweise bereits verjährt sein könnten.
II. Zu beachten ist in jedem Fall, nicht selbst zur Polizei zu gehen und von den Taten zu berichten. Es sollte in jedem Fall vorher Rücksprache mit einem Verteidiger gehalten werden. Nach Möglichkeit sollte eine etwaige Selbstanzeige vorab schriftlich verfasst werden.
III. Es ist derzeit noch völlig unklar, ob es überhaupt zu einem Prozess kommen wird. Je nach Art der Delikte kann sogar eine Einstellung des Verfahrens in Betracht kommen.
Untersuchungshaft kommt meiner Ansicht nach hier nicht in Betracht. Selbst wenn Sie einer der Taten des § 112a I Nr. 1 StPO (bestimmte Sexualstraftaten) dringend verdächtig sein sollten, so wäre ein Haftbefehl unverhältnismäßig, da es wegen der lange zurückliegenden Taten an einer Wiederholungsgefahr fehlen dürfte. Auch der Haftgrund der „Verdunkelungsgefahr“ liegt nicht vor, da Sie auf Ihre Schwestern nicht in unlauterer Weise einwirken.
IV. Abschließend empfehle ich, dringend einen Verteidiger zu kontaktieren. Es sollte nach detaillierter Schilderung der Taten zunächst festgestellt werden, ob überhaupt strafbares Verhalten vorliegen kann, s.o. Bis dahin sollten Sie keine überstürzten Handlungen vornehmen.
Sollte strafbares Verhalten vorliegen und wünschen Sie in jedem Fall eine Selbstanzeige, so sollte diese in Absprache mit einem Verteidiger formuliert werden. In jedem Fall sollten Sie auch die Gefühle und Wünsche Ihrer Schwestern respektieren, die nach eigenen Angaben keine weitere „Aufarbeitung“ wünschen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan André Schmidt, LL.M.
Rechtsanwalt