Alleinerbe - Erbschaftssteuer bei mehreren Nachlassnehmern

Question

Sehr geehrte Damen und Herren,    mit folgender Fragestellung möchte ich mich an Sie wenden:    Die Erblasserin verstirbt und hinterlässt eine Eigentumswohnung &lpar;ca. 300.000€&rpar; sowie Barvermögen &lpar;ca. 100.000€&rpar;. Sie hat ein handschriftliches Testament beim Amtsgericht hinterlegt. Im Testament bestimmt Sie Ihre Nichte zur Erbin der Eigentumswohnung &lpar;Wortlaut: Als Erbin meiner Wohnung in XXX, Straße xxx nebst Inventar setze ich meine Nichte Frau XXX ein&rpar;.   Des Weiteren soll nach Abzug aller Kosten &lpar;Beerdigung etc.&rpar; das verbleibende Barvermögen auf die Geschwister der Erblasserin verteilt werden. &lpar;Wortlaut: Soweit nach Begleichung aller Kosten in Verbindung mit meinem Heimgang noch ein Barguthaben auf den Konten der XXX Bank und der YYY Bank verbleibt, soll dieses zu gleichen Teilen auf meine Geschwister A, B &lpar;lebt im Altersheim&rpar;, C &lpar;bereits verstorben&rpar; verteilt werden. Sollten auch die vorgenannten diese Welt verlassen haben, bleibt alles bei meiner Nichte XXX&rpar;.  Da die Nichte mit dem Erbe der Wohnung den wesentlichen Teil des Erbes erhält, hat das Amtsgericht ihr das Alleinige Erbe zugesprochen und entsprechend einen Erbschein für Sie als Alleinerbe ausgestellt.  Die Geschwister der Verstorbenen sind demnach Vermächtnisnehmer und müssen ihre Ansprüche gegenüber der Alleinerbin geltend machen. Wenn sich nun ein Vermächtnisnehmer nicht meldet, die Alleinerbin aber ihren Anteil für die Erbschaftssteuer melden muss, was würde sie angeben?  Müsste Sie den noch nicht angeforderten Teil der Vermächtnisnehmer auch ihrer Erbschaftssteuer unterwerfen? Wenn ja, was wäre, wenn sich dann der Vermächtnisnehmer meldet, die Erbschaftsteuer aber bereits durch die Nichte gezahlt wurde, der Vermächtnisnehmer als Geschwister jedoch eine niedrigere Erbschaftssteuer hat &lpar;wegen Freibetrag&rpar;?

Rechtsanwalt Fabian Fricke · Accepted Answer

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,    nach &#167; 3 Absatz 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz &lpar;ErbStG&rpar; stellen sowohl die Erbschaft selbst, als auch das Vermächtnis steuerbare Vorgänge im Sinne dar.     &#167; 3 Erwerb von Todes wegen  &lpar;1&rpar; Als Erwerb von Todes wegen gilt  1. der Erwerb durch Erbanfall &lpar;&#167; 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs&rpar;, durch Vermächtnis &lpar;&#167;&#167; 2147 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs&rpar; oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs &lpar;&#167;&#167; 2303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs&rpar;;  2. der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall &lpar;&#167; 2301 des Bürgerlichen Gesetzbuchs&rpar;. Als Schenkung auf den Todesfall gilt auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach &#167; 12 ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt. Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Tod eingezogen und übersteigt der sich nach &#167; 12 ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Todes Abfindungsansprüche Dritter, gilt die insoweit bewirkte Werterhöhung der Geschäftsanteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung auf den Todesfall;  3. die sonstigen Erwerbe, auf die die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendung finden;  4. jeder Vermögensvorteil, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird.  &lpar;2&rpar; .....    Dabei wird der Erbe unimittelbar rechtlicher Nachfolger des Erblassers, siehe &#167; 1922 BGB.    &#167; 1922 Gesamtrechtsnachfolge  &lpar;1&rpar; Mit dem Tode einer Person &lpar;Erbfall&rpar; geht deren Vermögen &lpar;Erbschaft&rpar; als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen &lpar;Erben&rpar; über.  &lpar;2&rpar; Auf den Anteil eines Miterben &lpar;Erbteil&rpar; finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.    Für die Berechnung des Wertes der Erbschaft und der Erbschaftssteuer bedeutet dies, dass direkt mit dem Tod eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt und gleichzeitig mit dem Erbe auch direkt die Verpflichtungen aus den Vermächtnissen wirksam werden, siehe &#167; 10 Absatz 5 Nr. 2 ErbStG:    &#167; 10 Steuerpflichtiger Erwerb  &lpar;1&rpar; Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist &lpar;&#167;&#167; 5, 13, 13a, 13c, 13d, 16, 17 und 18&rpar;. In den Fällen des &#167; 3 gilt unbeschadet Absatz 10 als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach &#167; 12 zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach den Absätzen 3 bis 9 abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach &#167; 12 zu ermittelnden Wert abgezogen werden. Die vom Erblasser herrührenden Steuererstattungsansprüche sind bei der Ermittlung der Bereicherung zu berücksichtigen, auch wenn sie rechtlich erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind. Der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft, die nicht unter &#167; 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes fällt, gilt als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter; die dabei übergehenden Schulden und Lasten der Gesellschaft sind bei der Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers wie eine Gegenleistung zu behandeln. Bei der Zweckzuwendung tritt an die Stelle des Vermögensanfalls die Verpflichtung des Beschwerten. Der steuerpflichtige Erwerb wird auf volle 100 Euro nach unten abgerundet. In den Fällen des &#167; 1 Abs. 1 Nr. 4 tritt an die Stelle des Vermögensanfalls das Vermögen der Stiftung oder des Vereins.  &lpar;2&rpar; Hat der Erblasser die Entrichtung der von dem Erwerber geschuldeten Steuer einem anderen auferlegt oder hat der Schenker die Entrichtung der vom Beschenkten geschuldeten Steuer selbst übernommen oder einem anderen auferlegt, gilt als Erwerb der Betrag, der sich bei einer Zusammenrechnung des Erwerbs nach Absatz 1 mit der aus ihm errechneten Steuer ergibt.  &lpar;3&rpar; Die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten als nicht erloschen.  &lpar;4&rpar; Die Anwartschaft eines Nacherben gehört nicht zu seinem Nachlaß.  &lpar;5&rpar; Von dem Erwerb sind, soweit sich nicht aus den Absätzen 6 bis 9 etwas anderes ergibt, als Nachlaßverbindlichkeiten abzugsfähig  1. die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind;  2. Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen;  3. die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten wird insgesamt ein Betrag von 10 300 Euro ohne Nachweis abgezogen. Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sind nicht abzugsfähig.  &lpar;6&rpar; ....    Bei der Angabe der persönlichen Erbschaftssteuer und der Ihnen zustehenden Erbmasse müssen Sie also daher nur die Summe bzw. den Wert angeben, der Ihnen gemäß Testament auch tatsächlich zugedacht wird. Die Vermächtnisnehmer müssen dementsprechend ebenfalls den Wert des Vermächtnisses angeben und diesen dann entsprechend versteuern.    Allerdings ergibt sich aus &#167; 20 Absatz 3 ErbStG, dass der Erbe für die Erfüllung der Steuerschuld haftet, auch wenn die Steuern eigentlich durch den Vermächtnisnehmer gezahlt werden müssten, dies gilt auch, wenn die Erbschaft/Vermächtnis dann einem anderen zugewendet wird, siehe Absatz 5.    &#167; 20 Steuerschuldner  &lpar;1&rpar; Steuerschuldner ist der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Schenker, bei einer Zweckzuwendung der mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerte und in den Fällen des &#167; 1 Abs. 1 Nr. 4 die Stiftung oder der Verein. In den Fällen des &#167; 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und &#167; 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ist die Vermögensmasse Erwerber und Steuerschuldner, in den Fällen des &#167; 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ist Steuerschuldner auch derjenige, der die Vermögensmasse gebildet oder ausgestattet hat.  &lpar;2&rpar; Im Falle des &#167; 4 sind die Abkömmlinge im Verhältnis der auf sie entfallenden Anteile, der überlebende Ehegatte oder der überlebende Lebenspartner für den gesamten Steuerbetrag Steuerschuldner.  &lpar;3&rpar; Der Nachlaß haftet bis zur Auseinandersetzung &lpar;&#167; 2042 des Bürgerlichen Gesetzbuchs&rpar; für die Steuer der am Erbfall Beteiligten.  &lpar;4&rpar; Der Vorerbe hat die durch die Vorerbschaft veranlaßte Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten.  &lpar;5&rpar; Hat der Steuerschuldner den Erwerb oder Teile desselben vor Entrichtung der Erbschaftsteuer einem anderen unentgeltlich zugewendet, haftet der andere in Höhe des Werts der Zuwendung persönlich für die Steuer.  &lpar;6&rpar; Versicherungsunternehmen, die vor Entrichtung oder Sicherstellung der Steuer die von ihnen zu zahlende Versicherungssumme oder Leibrente in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes zahlen oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellen, haften in Höhe des ausgezahlten Betrags für die Steuer. Das gleiche gilt für Personen, in deren Gewahrsam sich Vermögen des Erblassers befindet, soweit sie das Vermögen vorsätzlich oder fahrlässig vor Entrichtung oder Sicherstellung der Steuer in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bringen oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellen.  &lpar;7&rpar; Die Haftung nach Absatz 6 ist nicht geltend zu machen, wenn der in einem Steuerfall in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes gezahlte oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung gestellte Betrag 600 Euro nicht übersteigt.    Aufgrund dieser Regelung ist es daher insbesondere im Falle eines Geldvermächtnisses zulässig dessen Auszahlung &lpar;teilweise&rpar; zu verweigern, bis der Vermächtnisnehmer die Zahlung nachweist.    Sollten die Vermächtnisnehmer zu Ihren Gunsten auf die Zahlung verzichten wollen müssen Sie zudem noch beachten, dass bei einem Verzicht dieser auch so benannt wird und nicht eine Schenkung darstellt. Nach &#167; 517 BGB stellt ein Verzicht keine Schenkung dar und wird auch steuerlich nicht so behandelt:    &#167; 517 Unterlassen eines Vermögenserwerbs  Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn jemand zum Vorteil eines anderen einen Vermögenserwerb unterlässt oder auf ein angefallenes, noch nicht endgültig erworbenes Recht verzichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtnis ausschlägt.    Schädlich wäre hier z.B. eine Rücküberweisung nach Erfüllung des Vermächtnisses oder eine Erklärung über eine "Schenkung", dies sollte besser vermieden werden.     Unschädlich ist ein stillschweigender Verzicht. Da der Anspruch auf die Steuern frühestens nach 4 Jahren verjährt, der Anspruch auf das Vermächtnis &lpar;Kenntnis vorausgesetzt&rpar; schon nach 3 Jahren werden sich hier allerdings auch keine Steuern vermeiden lassen. Da die Verjährungsfrist erst nach Kenntnis des Vermächtnisses beginnt sollten Sie rein vorsorglich nachweisbar &lpar;mindestens Einwurfeinschreiben&rpar; den Vermächtnisnehmern eine Kopie des Testaments zusenden. Ansonsten würde die Verjährung mangels Kenntnis erst nach 30 Jahren eintreten.    Zusammenfassend ist es daher sinnvoll gegenüber dem Finanzamt den Wert für die eigene Steuer abzüglich der Vermächtnisse zu erklären und auf diese hinzuweisen. Falls das Finanzamt dann zunächst nur die Steuer ohne die Vermächtnisse einzieht und sich die Vermächtnisnehmer nicht innerhalb der Verjährungsfrist melden, sollte dann dieser Umstand in jedem Fall nochmals dem Finanzamt mitgeteilt werden, auch wenn die Steuern dann nachzuzahlen sind. Alternativ können &lpar;siehe &#167; 20 ErbStG&rpar; die Steuern auch jetzt schon zahlen und bei der Auszahlung des Vermächtnisses verrechnen.      Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.    Mit freundlichen Grüßen,  RA Fabian Fricke

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Rechtsanwalt Fabian Fricke

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