Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:
Unabhängig von den AGB stellt die in Bereicherungsabsicht vorgenommene "Generierung" von Punkten durch die Nutzung von "Fake-Accounts" in einer Online-Tauschbörse eine betrügerische Handlung zu Lasten des Tauschbörsenbetreibers dar. Dies hat im wesentlichen zwei Folgen: 1.) Der Nutzer hat sich - einen entsprechenden Vermögenschaden vorausgesetzt - gemäß § 263 StGB
strafbar gemacht. 2.) Gemäß §§ 280 I, 823 Abs. 2 i.V. mit § 263 StGB
hat der Tauschbörsenbetreiber zudem einen Schadensersatzanspruch gegen den Tauschbörsennutzer.
IN IHREM FALL BEDEUTET DAS: Sowohl hinsichtlich 1.) als auch 2.) muss Ihnen nachgewiesen werden, dass Sie o.g. "Fake-Accounts" erstellt haben. Die reine Übereinstimmung von IP-Adressen reicht für einen Nachweis nur dann aus, wenn auch die Verbindungsdaten Ihres Internetproviders für Ihren Anschluss identische IP-Adressen ausweisen würden und Sie keine Begründung für die Übereinstimmung liefern könnten. BEACHTEN SIE: Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Tauschbörsenbetreiber die IP-Adressen überhaupt speichern durfte. BEACHTEN SIE ZUDEM: Die meisten Tauschbörsenbetreiber haben in ihren speziellen Datenschutzhinweisen meines Wissens ausdrücklich geregelt, dass IP-Adressen zumindest zur Verhinderung strafrechtlich relevanten Verhaltens gespeichert werden dürfen.
EIN HINWEIS AM RANDE: Zur Durchsetzung seiner Ansprüche wird der Tauschbörsenbetreiber regelmäßig die zuständige Staatsanwaltschaft einschalten. Nur diese hat nämlich Zugriff auf die Verbindungsdaten Ihres Internetproviders. Die Staatsanwaltschaft wird wiederum neben den IP-Adressen auch ermitteln, auf welche Personen die zu den Accounts zugehörigen E-Mail-Adressen registriert sind, die DVD´s erworben haben. Dies sollten Sie in Ihre Verteidigungsstrategie mit einbeziehen.
Insbesondere angesichts der strafrechtlichen Relevanz der Angelegenheit kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und nicht (!) "auf eigene Faust" zu handeln. Ich hoffe, Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen vorab weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen weiterhin gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Iven
Rechtsanwalt
Wäre es denn sinnvoll auf die Forderung des Anbieters einzugehen bzw überhaupt auf die Email antzuworten ? Wie würde der Anbieter ihrer Meinung nach weiter gegen mich vorgehen wenn ich nicht auf die Email reagiere ? Was kann mir im schlimmsten Fall zustossen ? ( azubi , 22 jahre , knapp 400€ gehalt ). Was wäre wenn ich sagen könnte mit welcher Software man die IP leicht "faken" kann sodass kein richtiger Benutzer zugeordnet werden kann ? Wie stehen meine Changen aus der Sache halbwegs gut rauszukommen ?
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfragen möchte ich wie folgt beantworten:
Es ist in jedem Fall anzuraten, auf die E-Mail des Tauschbörsenbetreibers zu antworten. Dies gilt insbesondere dann, wenn Ihnen tatsächlich nichts vorzuwerfen ist. Da ich den Verfahrensstand der Angelegenheit nicht kenne, könnte es durchaus sein, dass die Staatsanwaltschaft noch nicht eingeschaltet ist. Durch eine entsprechende Korrespondenz kann u.U. eine Ermittlungstätigkeit für die Zukunft vermieden werden.
Dass IP-Adressen dynamisch sind und Missbrauch mit IP-Adressen nicht auszuschließen ist, stellt zwar ein gewichtiges Argument gegen Ihre Inanspruchnahme dar. Anders liegt der Fall indes, wenn ein Abgleich der Verbindungsdaten Ihres Internetproviders ergibt, dass Ihr Anschluss zum Login-Zeitpunkt mit der protokollierten IP-Adresse mit dem Internet verbunden war. Hier bedarf es einer passgenauen Argumentation, um Sie zu entlasten.
Sollten Sie für die "Fake-Accounts" verantwortlich sein, droht Ihnen im schlimmsten Falle eine Verurteilung wegen Betrugs und eine Schadensersatzklage des Tauschbörsenbetreibers. In diesem Fall wäre lediglich die Höhe des Schadensersatzes angreifbar, da die Pauschalisierung des Schadensersatzanspruchs durch den Tauschbörsenbetreiber insoweit unzulässig ist.
Ich kann Ihnen nur nochmals raten, einen Kollegen mit der Korrespondenz zu beauftragen, der in Ihre Unterlagen Einsicht nehmen kann und dem Sie sich anvertrauen können. Der Kollege wird nach Durchsicht der Unterlagen und nach detaillierter Aufklärung des Sachverhalts die Chancen sowohl in zivilrechtlicher als auch in strafrechtlicher Hinsicht besser beurteilen können, als ich es "aus der Ferne" vermag. In der zivilrechtlichen Angelegenheit haben Sie im Übrigen Anspruch auf Beratungshilfe.
Ich hoffe, Ihnen mit den weitergehenden Ausführungen geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Iven
Rechtsanwalt