Abriss Hofstelle Bauordnungswidrigkeitsverfahren / Entkernung / Baugenehmigung

Question

Guten Tag,    folgende Problematik. Es ist seit Mitte 2021 ein Baugenehmigungsverfahren am Laufen, 4x EFH, 2x 10 Fam. Haus, alles zusammen in einem Bauantrag. Innerorts nach P. 34. Die Gemeinde sieht alles positiv, das Landratsamt prüft seit einem Jahr absolute Kleinigkeiten und verzögert. &lpar;Evt. auch wegen persönlichen Differenzen, Angrenzer, zuständige Mitarbeiter etc. Die Genehmigung verzögert sich, ist aber nicht die Thematik hier.    Es steht aktuell eine verlassene Hofstelle auf dem Grundstück, ca. 12 Meter hoch, Wohnhaus &plus; angrenzend Scheune, 25 Meter lang. Ca. 100 Jahre alt, nicht Denkmal geschützt. Positives Abfall und Umweltgutachten vorhanden.    Im Bauantrag ist beantragt "Neubau von &plus;&plus;&plus;&plus;&plus; und Abriss von Hofstelle und Fahrsilo " Was ja logisch ist, sonst kann nicht neu gebaut werden.  Stand heute, keine Baugenehmigung auf dem Tisch. Aber unsere Mitarbeiter haben Zeit, räumen das Gelände auf, Entfernen Böden, Türen und Fenster etc. Noch kein "Abriss".    Jetzt kam eine Email vom Landratsamt inkl. kompletten Anhang Mailverlauf. Der Nachbar beschwert sich ob das rechtens ist. Gemeinde ist der Meinung ja, Gebäude kommt weg egal wie und kann natürlich entkernt werden. Landratsamt schickt Mail und droht mit Bauordnungswidrigkeitsverfahren, die "Bauarbeiten" sollen eingestellt werden. Am Telefon wird gesagt, nicht mal Türen, Bauzaun etc. ist genehmigt, die Entkernung/ Aufräumarbeiten / Bauzaun gehören zum Abriss - dieser sei Bestandteil der beantragten Baugenehmigung.    Architekt ist der Meinung, der Abriss sei nur Anzeigen pflichtig ? Oder nicht weil es zum Bauantrag gehört ? Darf ich wirklich an meinem Eigentum keine Böden entfernen und Türen aushängen ? :-&rpar;  Bauzaun nicht aufstellen damit die Kinder nicht in die Grube fallen?   Einfach ignorieren Was kann passieren?     Danke für eine Einschätzung. &lpar;Gemeinde, Architekt etc. lachen über diese Vorgehensweise, LA hat keine Zeit um den Bauantrag zu prüfen, aber prüft ob eine Hofstelle entkernt wird...      Kann  Architekt im Vorgriff am Montag gleich anzeigen dass wir vorab abreissen?     DANKE

Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer · Accepted Answer

Gerne zu Ihrem Fall:    Abbruch inklusive Entkernung finden nicht im baurechtsfreien Raum statt:    &#167; 49 BW LBO    Genehmigungspflichtige Vorhaben  Die Errichtung und der Abbruch baulicher Anlagen sowie der in &#167; 50 aufgeführten anderen Anlagen und Einrichtungen bedürfen der Baugenehmigung, soweit in &#167;&#167; 50, 51, 69 oder 70 nichts anderes bestimmt ist.    &#167; 50 Absatz &lpar;3&rpar; Der Abbruch ist verfahrensfrei bei    1. Anlagen nach Absatz 1,  2. freistehenden Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 3,    Ansonsten gilt das Kenntnisgabeverfahren nach &#167; 51 Absatz 3       Aber selbst für verfahrensfreien Bauvorhaben inklusive Abbruch gelten u.a. nachfolgende &#8222;allgemeine Anforderungen" sowie ggf. auch nachbarschützende Vorbehalte  &lpar;&#167; 55 BW LBO "Beteiligung der Nachbarn und der Öffentlichkeit"&rpar; Brandschutz Rettungswege etc.     Für den Abbruch baulicher Anlagen gelten zunächst nachfolgende &#8222;allgemeine Anforderungen"  &#167; 3 BW LBO    &lpar;1&rpar; Bauliche Anlagen sowie Grundstücke, andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von &#167; 1 Abs. 1 Satz 2 sind so anzuordnen und zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht bedroht werden und dass sie ihrem Zweck entsprechend ohne Missstände benutzbar sind; dabei sind die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang I der Verordnung &lpar;EU&rpar; Nr. 305/2011 zu berücksichtigen. Für den Abbruch baulicher Anlagen gilt dies entsprechend.    &#167; 13 BW LBO  Standsicherheit  &lpar;1&rpar; Bauliche Anlagen müssen sowohl im ganzen als auch in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein. Die Standsicherheit muss auch während der Errichtung sowie bei der Durchführung von Abbrucharbeiten gewährleistet sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes der Nachbargrundstücke dürfen nicht gefährdet werden.    &lpar;2&rpar; Die Verwendung gemeinsamer Bauteile für mehrere bauliche Anlagen ist zulässig, wenn durch Baulast und technisch gesichert ist, dass die gemeinsamen Bauteile beim Abbruch einer der aneinanderstoßenden baulichen Anlagen stehen bleiben können.    &#167; 64 BW LBO      &lpar;1&rpar; Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, so kann die Baurechtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen. Dies gilt insbesondere, wenn  1.  die Ausführung eines Vorhabens entgegen &#167; 59 begonnen wurde,  2....  3.....  bei der Ausführung eines Vorhabens  a&rpar;  von der erteilten Baugenehmigung oder Zustimmung,  b&rpar;im Kenntnisgabeverfahren von den eingereichten Bauvorlagen  abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach &#167; 50 verfahrensfrei,      Dies ist nur eine summarische Auswahl. Abbrucharbeiten sind in der BW LBO an 16 Gesetzesstellen erwähnt und reglementiert.      Vereinfacht: Abbrucharbeiten sind keineswegs die kleine Schwester des Bauvorhabens, sondern der ebenbürtige Zwilling.      Natürlich kann man darüber streiten, ob einer Entkernung im Inneren Ihres Eigentums so akribisch und argwöhnisch von der Behörde beobachtet wird, wie vorliegend.    Das ist dann letztlich Tatfrage, die im Verwaltungsstreitverfahren doch ziemlichen Konfliktstoff birgt.    Dabei sitzt aber die Behörde zunächst am längeren Hebel, eben auch was Abbrucharbeiten/Entkernung angeht:      &#167; 66 Bauüberwachung  &lpar;1&rpar; Die Baurechtsbehörde kann die Ordnungsmäßigkeit der Bauausführung und die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten der am Bau Beteiligten nach den &#167;&#167; 42 bis 45 überprüfen. Sie kann verlangen, dass Beginn und Beendigung bestimmter Bauarbeiten angezeigt werden.    &lpar;2&rpar; Die Ordnungsmäßigkeit der Bauausführung umfasst auch die Tauglichkeit der Gerüste und Absteifungen sowie die Bestimmungen zum Schutze der allgemeinen Sicherheit. ....    &lpar;3&rpar; Den mit der Überwachung beauftragten Personen ist jederzeit Zutritt zu Baustellen und Betriebsstätten sowie Einblick in Genehmigungen und Zulassungen, Prüfzeugnisse, Übereinstimmungserklärungen, Übereinstimmungszertifikate, Überwachungsnachweise, Zeugnisse und Aufzeichnungen über die Prüfung von Bauprodukten, in die CE-Kennzeichnungen und Leistungserklärungen nach der Verordnung &lpar;EU&rpar; Nr. 305/2011, in die Bautagebücher und andere vorgeschriebene Aufzeichnungen zu gewähren. Der Bauherr hat die für die Überwachung erforderlichen Arbeitskräfte und Geräte zur Verfügung zu stellen.    &lpar;4&rpar; ....    &lpar;5&rpar; Die Baurechtsbehörde soll, soweit sie im Rahmen der Bauüberwachung Erkenntnisse über systematische Rechtsverstöße gegen die Verordnung &lpar;EU&rpar; Nr. 305/2011 erlangt, diese der für die Marktüberwachung zuständigen Stelle mitteilen.    Und vorsorglich warnen muss ich davor, dass etwaige Bußgelder für den Fall des Vorsatzes deutlich höher &lpar;drastischer&lpar;!&rpar; ausfallen. Das sowohl nach dem OWiG, als auch nach dem Motto der Verwaltungspraxis, dass sich &lpar;Bau-&rpar;Rechtswidrigkeit nicht lohnen soll.    Ich kann Ihrem Architekten "nicht anraten im Vorgriff am Montag gleich anzeigen dass wir vorab abreißen" und auch nicht entkernen. Sollte die Behörde säumig sein, gibt das LVwVfG durchaus Ansätze, zumindest die Entkernung zu beschleunigen:    &#167; 25 Absatz 2&rpar; Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.    Erfahrungsgemäß hilft auch der förmliche Hinweis auf &#167; 10 LVwVfG  "Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens"  Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen.    Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.    Mit freundlichen Grüßen

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Baurecht, Architektenrecht

Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

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