Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
zunächst einmal weise ich darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in der Regel nicht ersetzen kann.
Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise eine andere rechtliche Beurteilung zur Folge haben. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
1. Frage: Werden die Überstunden bezahlt, wenn im Vertrag nichts steht. Wie sieht es hier gesetzlich aus? Bitte mit Gesetzesangaben.
Eine gesetzliche Regelung, ob und wie Überstunden vergütet werden müssen existiert (außerhalb des Berufbildungsgesetzes) nicht.
Von der Rechtsprechung wurde allerdings die Regelung entwickelt, dass wenn im Arbeitsvertrag eine monatliche Arbeitszeit und ein Monatslohn vereinbart sind, sich dieser Monatslohn auf die vereinbarte Stundenzeit bezieht.
Werden dann Überstunden geleistet, so müssen diese gesondert mit dem entsprechenden Anteil der monatlichen Vergütung bezahlt oder aber mit Freizeit ausgeglichen werden. Wenn die Höhe der Vergütung nicht vereinbart ist, wird gem. § 612 Abs. 2 BGB
die übliche Vergütung geschuldet.
Das bedeutet, Ihre Überstunden sind mit Ihrem normalen Stundenlohn zu bezahlen.
2. Frage: Gibt es hier gesetzlich einen Unterschied zwischen Lohn und Gehalt. Steht im Gesetz irgendwo, dass der AN mit Gehalt keine Bezahlung erhält und der AN mit Lohn eine Bezahlung der Überstunden bekommt? Wird im Gesetz zwischen Lohn und Gehalt unterschieden?
Nein, eine Unterscheidung zwischen Lohn und Gehalt gibt es hier nicht.
3. Frage: Ist ein Verfall, ein monatlicher Verfall erlaubt. Beachte, es steht nichts im Vertrag des AN A. Also gilt das Gesetz, oder nicht? Was sagt der Gesetzgeber hier? Bitte auch mit Gesetzesangaben.
Nein, ein monatlicher Verfall der Überstunden ist nicht erlaubt. Möglich wäre eine Regelung im Arbeitsvertrag, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag nach 6 Monaten verfallen. Dies würde dann auch für die Überstunden gelten.
Ansonsten gilt die regelmäßige Verjährungsfrist aus § 195 BGB
(drei Jahre).
4. Frage: Gibt es im Gesetz das Wort "Betriebsinteresse" und was bedeutet dies. Bedeutet das wirklich, dass man alle Überstunden über acht dem Betrieb schenken muss. Und vor allem, muss so etwas im Vertrag stehen?
Im Gesetz gibt es dieses Wort nicht. Es umschreibt lediglich die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen des Betriebes und sie müssen dem Unternehmen auch keine Überstunden schenken.
5. Frage: Muss AN A seinen Chef sagen, dass er früher geht? (hier keine gesetzlichen Quellen, weil ich das selber für richtig halte).
Grundsätzlich ja.
6. Frage: Wann muss AN A es dem Chef sagen, am selben Tag, ein Tag vorher, ein paar Tage vorher? (hier gesetzliche Quellen).
Dies kommt darauf an, wie es in Ihrem Betrieb üblich ist. Eine gesetzliche Regelung existiert nicht.
7. Frage: Braucht AN A ein Grund um früher zu gehen, bspw. Arzttermin? Oder kann er einfach mit der Behauptung argumentieren, dass er Überstunden geleistet hat. (auch hier bitte mit Quellen)
Grundsätzlich brauchen Sie einen Grund und auch die Erlaubnis des Arbeitgebers, früher zu gehen. Dies folgt schon aus Ihrer Verpflichtung, die Sie mit dem Arbeitsvertrag eingegangen sind. Das Argument, dass Sie Überstunden geleistet haben zieht hier nicht, da Sie sich vertraglich zur Leistung derselben verpflichtet haben.
8. Frage: Darf er diese eine Stunde früher gehen (Freizeitausgleich). An sich hat der Chef nie gefordert, dass AN A 5-10 Minuten jeden Tag vorher da sein soll. Also sind es praktisch freiwillige "Überminuten". Wie sieht es in diesem Fall aus?
Sogenannte „freiwillige Überstunden" müssen vom Arbeitgeber weder in Geld noch in Freizeit abgegolten werden, weil sie auch nicht vom Arbeitgeber angeordnet wurden.
9. Frage: Wie sieht es hier gesetzlich aus, stimmt das, was im Vertrag steht, oder steht im Gesetz etwas anderes.
Eine gesetzliche Frist gibt es nicht. Eine Vorlaufzeit von drei Monate ist aber grundsätzlich nicht zu beanstanden.
10. Frage: Muss er dafür, wie es im Vertrag steht, 3 Monate im Voraus den Urlaub beantragen?
Siehe 9. Ja, die Frist von drei Monaten ist nicht zu beanstanden.
11. Frage: Kann der AN A einen Anruf im Urlaub erwarten mit der Begründung zurück zu kommen, weil irgendwas wichtiges an steht und es Arbeit gibt oder man es nicht machen kann, ohne dem AN A?
In der Regel darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr aus dem Urlaub zurückholen. Eine Ausnahme wird von der Rechtsprechung nur dann zugelassen, wenn es dem Arbeitgeber ohne den Arbeitnehmer absolut unmöglich ist unaufschiebbare betriebliche Erfordernisse zu erfüllen.
12. Frage: Inwieweit darf der Chef von AN A da etwas unternehmen, weil AN A nicht ans Telefon in seiner Urlaubszeit ging?
Gar nicht. Sie müssen im Urlaub Anrufe Ihres Chefs nicht entgegennehmen.
13. Frage: Ist es erlaubt, mitten in der Pause den AN zum Gespräch zu bitten und ggf. eine neue Aufgabe dem AN übertragen? Wie sieht es gesetzlich aus (Gesetzesangabe bitte)?
Nein, dies ist nicht erlaubt. Pausenzeit ist keine Arbeitszeit. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck des Arbeitszeigesetzen (hier: § 4 ArbZG
).
14. Frage: Gibt es einen Mindestlohn bzw. Mindestgehalt vom Gesetz her?
Nein.
15. Frage: Ist die Abmahnung rechtens. Und wenn nein, ist durch die Unterschrift dennoch rechtskräftig. Also kann es möglich sein, dass ein Arbeitnehmer eine Abmahnung unterschreibt und sie ab dem Zeitpunkt rechtens ist, nur weil er sie unterschrieben hat und der Inhalt der Abmahnung völlig unsinnig ist??
Was kann der AN A gegen diese Abmahnung noch tun, obwohl unterschrieben hat?
Die Abmahnung dürfte rechtmäßig sein, da Sie sich einer rechtmäßigen Weisung des Arbeitgebers widersetzt haben. Ein derartiges Verhalten rechtfertigt eine Abmahnung.
16. Frage: Inwieweit ist das eine Arbeitspflicht gewesen, oder eher eine Gefälligkeit. Was kann der AN A erwarten?
Bezüglich der Samstagsarbeit gilt das Gleiche wie für alle anderen Überstunden auch. Diese ist zumindest mit dem normalen Stundensatz zu bezahlen.
Das Gleiche gilt für die Abholung an dem Feiertag. Auch diese Zeit ist als Arbeitszeit zu vergüten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Bade, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 05.05.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Bade,
vielen Dank für die rasche Antwort.
zu Frage 3:
AN A kann sich doch nicht immer im selben Monat einen Grund einfallen lassen, um früher zu gehen. Damit die Überstunden nicht verfallen. Was kann AN A denn dagegen machen, gegen diesen Überstundenverfall. Eine Verweigerung der Mehrarbeit kann er ebenfalls nicht machen, da er sich ja vertraglich darauf geeinigt hat.
Es gibt einfach keine vertragliche Regelung. Was muss AN A denn tun, am besten?
zu Frage 4: Die wirtschaftlichen Interessen des Betriebes, aber doch nicht des Mitarbeiters??
zu Frage 7: Das wäre ja überhaupt nicht so ein großes Problem, wenn AN A nicht die Dringlichkeit empfindet hin und wieder mal im Monat früher zu gehen...
Ich denken mal, AN A kann man am selben Tag bescheid geben, wie auch der AN A an einem beliebigen Montag feststellen muss, dass er länger bleiben muss.. das wird nämlich auch nicht ein Tag vorher gesagt.
zu 8. Frage: Diese 5-10 Minuten werden jedoch auf das Zeitkonto gebucht. Das würde doch das ganze Zeitkonto verfälschen, oder?
zu 11. Frage: Was bedeutet nun "dem Arbeitgeber ohne den Arbeitnehmer absolut unmöglich ist unaufschiebbare betriebliche Erfordernisse zu erfüllen" und wie kann dies AN A intepretieren, am besten bevor er zur Firma geht?
zu 12. Frage: Gibt es da eine Gesetzesquelle??
zu 15. Frage: Aber diese Abmahnung ist doch nur rechtens, weil die Weisung des AG doch irgendwie unsinnig ist. Da kann dann der AG dem AN A eine Abmahnung geben, weil er die falsche Hose trägt??
Vielen vielen Dank, sie nehmen mir damit wirklich eine Last vom Herzen.
Sollten sich unter meiner "Nachfrage" weitergehende Fragen eingeschlichen haben, so geben doch bitte kurz bescheid.
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Nachfrage kann ich Ihnen wie folgt beantworten:
zu Frage 3
Lassen Sie sich sämtliche Überstunden von Ihrem Vorgesetzten quittieren. Wie gesagt, die Überstunden verfallen nicht. Die Regelung bei Ihrem Arbeitgeber ist rechtswidrig. Dies sollten Sie Ihrem AG mitteilen und auf den Erhalt der Überstunden bestehen.
zu Frage 4.
Richtig. Die berechtigten Interessen des Betriebes. Diese verpflichten Sie aber nicht dazu, Ihrem Arbeitgeber Arbeitszeit zu schenken.
Zu Frage 7
Wie gesagt, ohne Erlaubnis des Arbeitgebers/Vorgesetzten dürfen Sie den Arbeitsplatz nicht vorzeitig verlassen.
zu Frage 8
Wenn das Zeitkontonto verfälscht werden würde, dann doch nur zu Ihren Gunsten, nämlich dahingehend, dass der AG Ihre freiwillig geleistete Mehrarbeit "automatisch" mitbezahlt.
Zu Frage 11.
Es handelt sich hierbei um Aufgaben die eben nicht ohne die Hilfe des im Urlaub befindlichen AN erledigt werden können und die auf jeden Fall erledigt werden müssen, bevor der Urlaub des AN beendet ist (z.B. weil sonst ein Produktionsstopp droht).
Zu 12. Nein. Dies ist gängige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte.
Zur 15. Frage:
Wenn der Arbeitgeber Weisungen erteilt, die mit dem ARbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, dann sind diese, auch wenn sie dem Arbeitnehmer unsinnig erscheinen zu befolgen. Lediglich rechtswidrige Wiesungen oder solche, die zu einer Gefährdung des AN oder anderer führen würden müssen nicht befolgt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Bade Rechtsanwalt