Sehr geehrte Fragestellerin,
unter Berücksichtigung des von Ihnen dargestellten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Wenn Sie eine Sorgeerklärung abgeben, bedeutet dies, dass Sie und der Kindesvater alle wesentlichen Entscheidungen für das Kind gemeinsam treffen müssen. Das gilt dann auch für den Wohnort des Kindes.
Sie können zwar zusätzlich eine sogenannte Sorgevereinbarung treffen, in der Sie mit dem Vater in einem privaten Schriftstück festlegen, wo und bei wem das Kind lebt und wie der Umgang gestaltet wird. Sie können dort auch andere Punkte regeln, die Ihnen wichtig sind. Diese Vereinbarung ist aber nicht wirklich bindend. Wenn also der Vater irgendwann das Kind zu sich nehmen wollte, könnte er ein entsprechendes Verfahren einleiten, so dass ein Richter über den Aufenthalt des Kindes entscheiden würde.
Dass beide Eltern das Sorgerecht haben, aber einer über den Aufenthalt des Kindes entscheiden darf, funktioniert nur, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht - bei ansonsten gemeinsamer elterlicher Sorge - bei einem Elternteil liegt. Dazu kommt es üblicherweise, wenn erst gemeinsame Sorge bestand, dann aber - z. B. bei einer Trennung -Uneinigkeit über den Wohnort des Kindes aufkommt. Dann kann das Gericht einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuweisen.
Dieser Weg bleibt Ihnen natürlich, wenn Sie jetzt die Sorgeerklärung abgeben. Falls es später Streit um den Wohnort gibt, können Sie die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gerichtlich beantragen. Dies ist aber natürlich ein Risiko, da nicht sicher vorhersehbar ist, ob das Gericht Ihrem Antrag folgt.
Nach meiner Kenntnis akzeptieren die Jugendämter keine Sorgeerklärungen, in denen sich ein Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorbehält. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht überträgt nur das Familiengericht auf Antrag.
Sie müssten also entscheiden, ob Sie der gemeinsamen elterlichen Sorge zustimmen oder ob Sie auch nach der Trennung auf alleinigem Sorgerecht bestehen. Richtig ist zwar, dass Väter auch gegen den Willen der Mutter das gemeinsame Sorgerecht durchsetzen können. Entscheidend ist bei einer Weigerung der Mutter aber der jeweilige Einzelfall und die Frage, ob die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl dient und ob die Mutter "vernünftige" Gründe für die Weigerung angeben kann.
Bitte beachten Sie, dass dieses Forum eine erste Orientierung bieten, nicht aber die persönliche Beratung ersetzen kann. Häufig ergeben sich dabei Details, die zu einer anderen Bewertung führen.
Dennoch hoffe ich, dass Ihnen meine Antwort weiterhilft.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel