Sehr geehrter Ratsuchender,
Sowohl die Ihnen vorliegenden Auskünfte der „Gegenseite“ als auch Ihre eigenen Vermutungen sind hier im Grundsatz durchaus zutreffend.
Dies wird besser verständlich, wenn Sie sich vor Augen halten, dass zwischen unterhaltsrechtlichen Ansprüchen und güterrechtlichen Ansprüchen (also insbesondere Zugewinn) streng zu unterscheiden ist:
Im Unterhaltsrecht stellt die Abfindung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann anrechenbares Einkommen dar, wenn ihr eine Lohnersatzfunktion zukommt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Abfindung dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes dient und somit den sozialen Besitzstand wahren will. Im vorliegenden Fall hat Ihre Frau jedoch sofort eine neue Arbeitsstelle erhalten, so dass der nicht verbrauchte Teil unterhaltsrechtlich wie sonstiges Vermögen zu betrachten ist, soweit sie also durch den Arbeitsplatzwechsel keine Gehaltseinbußen erlitten hat (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 26.02.2004 – Az. 4 WF 20/04
).
Deswegen kann dieses Vermögen für die Berechnung des Unterhalts hier nur berücksichtigt werden, soweit aus hieraus (Zins-)Einkünfte erzielt werden.
Beim Zugewinn ist die Differenzierung ähnlich. Hier kommt es darauf an, inwieweit die Abfindung noch in dem Endvermögen des jeweiligen Ehegatten vorhanden ist oder eben bereits verbraucht ist.
Da die Abfindung ohnehin keine Entschädigung für künftiges Arbeitsentgelt, sondern (allenfalls) für den Verlust des Arbeitsplatzes darstellt, wird sie generell als Vermögen angesehen (Bundesgerichtshof NJW 1998, 749
).
Somit erhöht sich der Zugewinn Ihrer Ehefrau um den zum Stichtag noch vorhandenen Betrag (soweit dem Endvermögen ein aktives Aktivvermögen gegenübersteht). Beim Zugewinnausgleich ist dieser Betrag dann hälftig zu Ihren Gunsten zu berücksichtigen.
Hieraus folgt, dass Ihnen ein Zuwarten mit der Stellung des Scheidungsantrags nach Ablauf des Trennungsjahres nicht zu Gute kommt, eher im Gegenteil, denn bis zur Rechtshängigkeit hat Ihre Ehefrau ja noch die Möglichkeit, Ihr Vermögen zu vermindern, so dass es nicht mehr in den Zugewinn fällt.
Auch bezüglich des Unterhaltsanspruchs dürfte eine Verzögerung der Scheidung anhand Ihrer Angaben keine Vorteile bieten.
Ich hoffe, Ihre Fragen hinreichend beantwortet zu haben, bitte benutzen Sie andernfalls die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 12.12.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Geyer,
erlauben Sie mir bitte eine (zwei) Nachfragen:
Ist es richtig, dass die Scheidungsklage erst dann als rechtshängig zu bezeichnen ist (Stichtag), wenn ich dieser zugestimmt habe (vor Ablauf des Trennungsjahres) bzw. ohne meine Zustimmung nach Ablauf des Trennungsjahres?
und
können Sie den Begriff "aktives Aktivvermögen" bitte erläutern?
Vielen Dank.
Mit freundlichem Gruß
Scheidungswilliger
Sehr geehrter Ratsuchender,
1.
Die Rechtshängigkeit tritt bereits ein, sobald der Scheidungsantrag an die Gegenpartei zugestellt worden ist – oder aber bei einem bereits laufenden Verfahren (etwa wegen Trennungsunterhalt) am Tag der mündlichen Verhandlung, wenn dort ein Scheidungsantrag gestellt wird (§ 261 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ZPO
). Auf die Zustimmung der Gegenpartei oder auf die Einhaltung des Trennungsjahres kommt es nicht an.
2.
Ich hatte mich verschrieben. Ich meinte „Anfangsvermögen“, nicht Aktivvermögen“. Gemeint war Folgendes:
Die Abfindung erhöht das Endvermögen. Es kommt aber nur zu einem erhöhten Zugewinn, soweit das Anfangsvermögen (das mindestens mit Null angesetzt wird) niedriger ist als das Endvermögen. Siehe §§ 1373
, 1374 Abs. 1
HS. 2 BGB.
3. Tipp:
Natürlich kann Ihre Ehefrau Ihr Vermögen bis zum Stichtag nicht beliebig vermindern, die Grenze setzt § 1375 Abs. 2 BGB
, wonach unter anderem eine Verschwendung oder absichtliche Benachteiligung güterrechtlich nicht zu Ihren Lasten gehen darf.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Im vierten Absatz muss es natürlich heißen
„soweit dem Endvermögen ein aktives Anfangsvermögen gegenübersteht“