Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.
Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Bei Erbschaften ist streitig, ob es sich um anrechenbares Einkommen handelt oder nicht. Die überwiegende Rechtsprechung nimmt jedoch ein Einkommen an (SG Hamburg vom 24.01.2006 – S52 AS 1507/05 ER; LSG NRW vom 23.03.2006 – L 20 B 72/06
AS ER; LSG Baden-Württemberg vom 21.02.2007 – L 7 AS 690/07 ER-B
).
Dies führt dann in der Regel zur Reduzierung der Hartz-IV-Leistungen.
Bei Grundstücken verneint jedoch das LSG Baden-Württemberg unter Verweis aus die Entscheidung des BSG vom 17.03.2005 – B 7a/7 AL 10/04
R ein Einkommen.
Erlöse aus dem Verkauf von Vermögensbeständen, wie hier, sind als Vermögen zu betrachten. Es handelt sich lediglich um eine Umschichtung des vorhandenen Vermögens – BSG vom 25.04.2002 – B 11 AL 69/01 R
.
Sofern Ihre Mutter bereits bei Antragstellung Miteigentümerin des Hausgrundstückes war, handelt es sich hier zweifelsfrei um Vermögen, da dies bereits vor Beginn des Bedarfszeitraums vorhanden war.
Zum Vermögen zählen u.a. Sachwerte wie bebaute und unbebaute Grundstücke.
Ob eine Rückforderung in Betracht kommt, richtet sich maßgeblich nach dem Wert des Hausgrundstückes und ob dieses verwertbar war bzw. ob die sich daraus ergebenden Freibeträge überschritten werden.
Das Vermögen ist dann anzurechnen, soweit eine Verwertung möglich und nicht unwirtschaftlich und nicht unbillig hart für den Leistungsempfänger ist.
Eine wirtschaftliche Verwertung eines Grundstückes in Polen mag Zweifel begründen, ob dieses wirtschaftlich in früherer Zeit zu verwerten war. Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten, da dies maßgeblich an den Wert des Grundstückes gekoppelt ist.
Eine Rückforderung der Leistungen kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, jedoch muss dies auch nicht zwangsläufig erfolgen.
Bei einem Betrag von 12.000,00 Euro kann dies dazu führen, dass ein Teil des Vermögens angerechnet werden kann und dann zu einer Reduzierung bzw. zum gänzlichen Wegfall des Leistungsbezuges kommt.
Dies ist dann der Fall, soweit die Vermögensfreibeträge überschritten werden.
Grundsätzlich steht ein Grundvermögensfreibetrag in Höhe von 750,00 Euro zu. Zusätzlich werden 150,00 Euro pro Lebensjahr als Freibetrag anerkannt.
In Ihrem Fall wären dies weitere 7.500,00 Euro (48 Jahre x 150,00 Euro).
So dass ein Vermögensfreibetrag in Höhe von insgesamt 8.250,00 Euro Ihrer Mutter zusteht.
Der darüber hinausgehende Betrag wäre zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen, so dass dadurch eine Reduzierung der Leistung in Betracht kommt.
Es sei denn, Ihre Mutter würde in eine zusätzliche Altersvorsorge investieren.
Dies würde aber voraussetzen, das ein unwiderruflicher Verwertungsausschluss für die Altersvorsorge vor Eintritt in den Ruhestand erklärt werden muss. Das heißt, Ihre Mutter käme tatsächlich erst mit der Rente an dieses Geld.
In diesem Fall steht Ihrer Mutter ein weiterer Freibetrag in Höhe von 250,00 Euro pro Lebensjahr, also insgesamt 12.000,00 Euro zu (48 Jahre x 250,00 Euro).
Demzufolge könnte man hier einen Betrag von 3.750,00 Euro in eine zusätzliche festgeschriebene Altersvorsorge investieren, der Restbetrag in Höhe von 8.250,00 Euro würden vom Vermögensfreibetrag gedeckt, so dass eine Verwertung und ein Einsatz des Geldes zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht in Betracht kommt.
Ob es sich bei der Zahlung auf Schulden um eine zweckbestimmte Leistung handelt mag ich in Ihrem Fall bezweifeln, da das Geld grundsätzlich zur freien Verfügung Ihrer Mutter steht.
Insofern ist eine Zahlung von Schulden unerheblich.
Auch das verbleiben des Geldes bei einem weiteren Erben würde nicht Ihrer Mutter zu Gute kommen, da auch auf Geld gerichtete Forderungen (wie hier der Anspruch auf Auszahlung des Geldes gegen den Miterben) als Vermögenswerte zählen.
Sofern keine nachvollziehbaren Gründe, z. B. Überschuldung des Nachlasses, für eine Erbausschlagung vorliegen, dürfte im Verhältnis zum Leistungsträger der Hartz-IV-Leistungen eine Pflicht bestehen, das Erbe anzunehmen. Sollte eine Erbschaft nicht angetreten werden, obwohl dort heraus Vermögen oder Einkommen hätte erzielt werden können, kann dies zur Kürzung der Leistungen führen, wenn dies schuldhaft erfolgt oder zur bewussten Täuschung oder Belastung des Leistungsträgers erfolgt ist.
In Ihrem Fall dürfte jedoch eine Ausschlagung der Erbschaft auf Grund des Zeitablaufes keine Rolle mehr spielen, da für die Erbausschlagung eine Frist von 6 Wochen seit Kenntnis des Erbfalls gilt, es sei denn, das sich die erbrechtlichen Ansprüche nach polnischen Erbrecht richten und dieses eine solche Frist nicht vorsieht.
Ich hoffe ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 05.05.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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