Sehr geehrter Fragesteller,
ohne eine Einsicht in Ihren konkreten Darlehensvertrag (befristet, unbefristet, Laufzeit etc.) und die dafür geltenden AGB Ihrer Bank ist eine Bewertung der Rechtslage nur in Form von Grundsätzlichkeiten möglich, die ich Ihnen im Folgenden gerne aufzeigen möchte. Soweit in den AGB Ihrer Bank keine anderweitige wirksame Regelung getroffen wurde, gilt grundsätzlich, dass auch bei einer Kündigung durch die Bank (in der Regel wegen Zahlungsrückständen) der Bank wirtschaftlich(!) gesehen der gleiche Schaden wie bei einer Kündigung durch den Darlehensnehmer entsteht. Nach der bis Januar 2013 herrschenden höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war daher auch in diesem Fall eine Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung (§ 502 BGB
) zulässig. Nach dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 17.01.2013, Az. XI ZR 512/11
) ist allerdings zweifelhaft, ob dieser seine bisherige Rechtsprechung aufrechterhalten wird. Denn im dortigem Urteil änderte er seine bisherige Rechtsprechung zu Gunsten von Verbrauchern, indem er eine zuvor ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2011, Az. 9 U 76/10
) bestätigt hat. Es ging um die Frage, wie mit der Vorfälligkeitsentschädigung nach einer bankseitigen Kündigung beim Verbraucherdarlehen umzugehen sei sowie - abweichend zu Ihrem Fall - darum, ob der Darlehensnehmer aufgrund seines Ratenzahlungsverzugs einen Verzugszinsschaden zu leisten habe. Nach Ansicht der Karlsruher Richter dürfe die Bank neben dem Verzugszinsschaden keine Vorfälligkeitsentschädigung bei einer von ihr ausgesprochenen Kündigung verlangen. Die Geltendmachung eines zusätzlichen Erfüllungsschadens widerspreche nämlich dem Sinn des § 497 Abs. 1 BGB
, weshalb lediglich der Verzugszins nach § 497 BGB
begründet sei. Würden die Banken auch noch einen Erfüllungsschaden geltend machen können, würden sie aus der Notlage, in der sich der Darlehensnehmer bei der Kreditkündigung befindet, auch noch Profit erzielen.
Aufgrund dieser verbraucherfreundlichen Auffassung des Bundesgerichtshofes könnte davon auszugehen sein, dass dieser seine diesbezügliche Rechtsprechung erst recht auch auf solche Fälle – wie den Ihren – anwenden wird, in denen der Darlehensnehmer ohne einen Vertragsbruch begangen zu haben (z.B. Ratenverzug) lediglich nicht in eine Änderung der AGB einwilligt, da die Bank – wie Sie selbst zu Recht einwenden – den Vertrag unter den bisherigen AGB auch weiterlaufen lassen könnte. Allerdings ist zu diesem ganz konkreten Fall bisher (noch) keine entsprechende Entscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen, so dass diesseits lediglich eine Tendenzprognose bzw. Vermutung abgegeben werden kann.
Bitte beachten Sie meine eingangs erwähnte Möglichkeit, dass die zum Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses geltenden AGB Ihrer Bank eine entsprechende Regelung – soweit eine solche auch wirksam ist - getroffen haben können. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne auf § 499 Abs. 1 BGB
verweisen: „In einem Verbraucherdarlehensvertrag ist eine Vereinbarung über ein Kündigungsrecht des Darlehensgebers unwirksam, wenn eine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart wurde oder die Kündigungsfrist zwei Monate unterschreitet." Ohne Einsicht in die AGB kann dies hier nicht abschließend beurteilt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 27.07.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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