Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes nachfolgend beantworte. Vorab weise ich darauf hin, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine umfassende persönliche Beratung kann daher hier nicht erfolgen.
Gemäß § 316 StGB
wird bestraft, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.
Bei einer Blut(!)alkoholkonzentration von 1,1 Promille oder darüber wird die (absolute) Fahruntüchtigkeit unwiderleglich vermutet, d.h. der Fahrer kann sich nicht mehr entlasten, auch wenn er sich „topfit" fühlt.
Unter 1,1 Promille BAK müssen weitere sog. „Ausfallerscheinungen" hinzutreten (z.B. undeutliche Aussprache, Störung der Motorik, Wahrnehmungsstörungen, Schlangenlinien fahren etc.), um eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen und eine Strafbarkeit nach § 316 StGB
zu begründen. Ohne Ausfallerscheinungen bewegen Sie sich im Bereich einer Ordnungswidrigkeit.
Von dieser Grenze hängt schon einmal sehr viel ab.
Ihrer Darstellung nach hat Sie jemand bei der Polizei angezeigt, weil Sie unsicher gefahren seien. Dieser jemand könnte, sofern er bei der Polizei seine Daten hinterlassen hat, als Zeuge aussagen und bestätigen, dass Sie Ausfallerscheinungen hatten. Dann kommt es darauf an, ob ein Strafgericht der Aussage Glauben schenkt, wovon Sie ausgehen sollten.
Im Falle einer Verurteilung droht Ihnen als Ersttäter eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Zusätzlich wird im Regelfall (!) die Fahrerlaubnis entzogen, die Behörden haben hier keinen Spielraum. Bei längerer Entziehung müssen Sie darüber hinaus damit rechnen, dass Sie vor der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine sogenannte MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) absolvieren müssen, um nachzuweisen, dass Sie sich mit Ihrem Alkoholkonsum auseinandergesetzt haben und sich die Wiedererteilung verdienen, weil Sie künftig keine Gefahr mehr für den Straßenverkehr darstellen. Außerdem erhalten Sie eine Eintragung in das Verkehrszentralregister.
Die BAK bezieht sich grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Blutprobenentnahme. Eine Berechnung der BAK im Tatzeitpunkt durch Rückrechnung erfolgt nicht etwa zu Gunsten des Fahrers, sondern zu dessen Nachteil, denn durch die Rückrechnung ergibt sich (bei abgeschlossener Resorption) zwangsläufig ein höherer Wert (ein Teil des Alkohols wurde ja bereits abgebaut). In derartigen Fällen ist eine Rückrechnung daher nur möglich, wenn zwischen Trinkende und Tatzeit mindestens zwei Stunden vergangen sind, es sei denn, dass mittels eines Sachverständigen eine dann maßgebliche kürzere Resorptionsphase nachgewiesen ist. In Ihrem Fall ist also davon auszugehen, dass keine weitere Rückrechnung stattfindet (Tatzeit 21:30 Uhr, erste Blutentnahme 23:05 Uhr).
Wenn Sie allerdings als Beschuldigter einen Nachtrunk behaupten, muss für die Berechnung der Tatzeit-BAK die Alkoholmenge des Nachtrunks ermittelt und von der festgestellten BAK abgezogen werden (Tröndle/Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316 Rn. 20 m.w.N.). Mit einem angegebenen Desperados werden Sie daher denkbar knapp an die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit gelangen, sofern nicht auch noch der Nachweis der halben zweiten Flasche gelingt oder die Überzeugung des Gerichts hierüber. Ob Sie mit der Einlassung eines Nachtrunks Erfolg haben, hängt zum einen von der Glaubhaftigkeit und der Relevanz der Einlassung ab. Allerdings steht auch noch die eventuelle Aussage des Sie Anzeigenden im Raum, so dass eine Verurteilung auch bei einer BAK von weniger als 1,1 Promille in Betracht kommt.
Konkret zu raten ist Ihnen, sofort von jeglichem Genuss alkoholischer Getränke abzusehen. Das kann für eine etwaige spätere medizinische Untersuchung wichtig werden.
Daneben steht es Ihnen als Beschuldigtem generell frei, Angaben zur Sache zu machen; Sie dürfen diese auch ohne Nachteile verweigern, denn Sie müssen sich auf keinen Fall selbst belasten. Sie müssen erst recht nicht zugeben, dass Sie überhaupt selbst gefahren sind! Dieser Umstand muss Ihnen zweifelsfrei nachgewiesen werden. Es ist schon fraglich, ob der Anzeigeerstatter Sie tatsächlich und deutlich gesehen hat, die Polizeibeamten wohl auch nicht.
Für den Fall, dass Sie die Fahrt im Grunde schon zugegeben haben, sollten Sie weitere etwaig entlastende Tatsachen vorbringen, z.B. dass Sie nachweislich noch mehr alkoholische (hochprozentige) Getränke nach der Fahrt getrunken haben, die dann ebenfalls zu berücksichtigen sind. Möglichst natürlich unter Zeugenbenennung, da so ziemlich jeder einer Trunkenheitsfahrt Verdächtige angibt, er habe nachher weitergetrunken.
Aber Vorsicht: Sie dürfen niemanden anstiften, eine Falschaussage zu machen, beide Handlungen sind ebenfalls strafbar.
Es liegt weiter im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob sie gegen Sie Anklage erhebt oder (wie oft) einen Strafbefehl beantragt, den das Strafgericht dann erlässt und Ihnen zustellt.
Gegen den Strafbefehl können Sie dann innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach dessen Zustellung schriftlich Einspruch einlegen, entscheidend ist dabei der Eingang bei Gericht, nicht der Versand.
Ihre Chancen kann ich auf die Distanz und ohne Akteneinsicht genommen zu haben nicht seriös beurteilen. Sie sollten sich genau überlegen, ob Sie gegen einen Strafbefehl selbst Einspruch einlegen. Es kommt dann zu einem Strafverfahren, an dessen Ende die Strafe auch noch höher ausfallen kann. Lassen Sie einen Strafbefehl von einem auf Strafrecht spezialisierten Anwalt prüfen, dieser kann auch für Sie Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen.
Im Falle einer Anklage ist dringend dazu zu raten, sich anwaltlich vertreten zu lassen, es droht Ihnen unter Umständen der Entzug der Fahrerlaubnis.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Antwort bei Ihrem Anliegen weitergeholfen hat.
Beachten Sie bitte, dass zusätzliche Details zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen können. Bei Unklarheiten oder weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne wie nachstehend zur Verfügung. Nutzen Sie auch die kostenlose Nachfragefunktion in diesem Forum.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 07.04.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Also wird der von der Zeugenaussagende Nachtrunk von den 1,38promille wieder abgezogen?
sprich bekomme ich im Strafbefehl den genauen Blutwert mit abzug mittgeteilt?
und was heißt bei längerem entzug der fahrerlaubnis eine MPU anstehen könnte/wird,bei welcher zeit bzw zeitraum wäre das der fall?
Sofern der Nachtrunk nicht als Schutzbehauptung zurückgewiesen wird, muss die Alkoholmenge ermittelt und von den 1,38 Promille abgezogen werden, ja.
Mit dem Strafbefehl bekommen Sie eine Begründung, in der zu dem BAK-Wert und zu dessen Ermittlung ausführlich Stellung genommen werden muss. Sollte nur auf den BAK-Wert der Entnahme abgestellt werden, ohne auf Ihre Nachtrunkbehauptung einzugehen, wäre das angreifbar. Ob die Berücksichtigung des Nachtrunks dann aber zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt, hängt von der nachgewiesenen oder zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Menge ab.
Neben der Strafe für die Alkoholfahrt entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB
und setzt eine Sperrfrist bis zur möglichen Neuerteilung einer Fahrerlaubnis fest, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Diese Feststellung trifft das Gericht ausdrücklich.
Sie müssten dann bei der zuständigen Behörde eine neue Fahrerlaubnis beantragen, die erst nach Ablauf der Sperrfrist erteilt werden kann. Die Voraussetzungen hierfür sind in § 2 StVG
geregelt, unter anderem müssten Sie wiederum zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Sollten sich für die Behörde hierüber Zweifel ergeben, ordnet sie nach § 2 Abs. 8 StVG
an, dass
- ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes
- ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder
- ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr
innerhalb einer angemessenen Frist einzuholen ist.
Jene Zweifel an der Fahreignung ergeben sich z. B. aus einer Fahrt unter erheblichem Alkoholeinfluss.
Rechtsgrundlage für die Anordnung eines solchen Gutachtens wiederum ist im Falle einer Alkoholproblematik § 13 FeV (u.a. muss ab einer BAK von 1,6 Promille zwingend eine MPU angeordnet werden).
Sollten Sie noch weitere Fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne auch direkt. Ebenso stehe ich Ihnen für eine spätere Beauftragung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen