Sehr geehrter Ratsuchender,
lassen sie mich Ihre Fragen,
"Kann die Stadt hier trotz Duldung von unrechtmäßigen Bauwerken die Ausnahmegenehmigung verweigern ?",
"Habe ich Rechtsmittel, um die Stadt zur Erteilung der Genehmigung zu bewegen ?",
wie folgt beantworten.
Ich kann sehr gut Ihren Unmut verstehen.
Rechtlich ist es allerdings so:
1.
§ 3 der Verordnung regelt in Abs. 1 S. 2: "Ausnahmen [von den 3 m Abstand zu öffentlichen Verkehrsflächen] können gestattet werden, wenn wegen der Sicht auf die öffentliche Verkehrsfläche Bedenken nicht bestehen."
Das heißt, die Gemeinde muss Ihnen nicht gestatten, vom Mindestabstand anzuweichen. Sie kann/darf Ihnen die Ausnahme verweigern.
Sie haben nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Ob in Ihrem Fall eine so genannte Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, d.h. "wenn angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls nur noch eine einzige Möglichkeit ermessensfehlerfrei gewählt werden kann und sich das Ermessen der Verwaltung daher nur noch auf diese eine Entscheidung reduziert hat." (Terwiesche, Handbuch des Fachanwalts Verwaltungsrecht 2009, C. Rn 78), kann ich anhand Ihrer Angaben nicht erkennen.
Ein Anspruch auf Ausnahmegenehmigung besteht dann nur aus dem allgmeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder aus einer sog. Selbstbindung der Verwaltung.
Sie teilen mit, dass bereits zwei weitere genehmigungsfreie Carports ohne Erteilung einer Ausnahme direkt an der Straße bestehen.
Es besteht daher kein Verstoß gegen einen der beiden soeben genannten Grundsätze für eine Ermessensreduktion auf null. Sie haben allenfalls einen Anspruch auf Duldung, wie bei den Nachbarn.
Trotz (und gerade wegen) der (bloßen) Duldung kann die Gemeinde die Ausnahme verweigern.
2.
Es besteht, die Möglichkeit - nach erfolglosem Verpflichtungswiderspruch - auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung beim Verwaltungsgericht zu klagen.
Erfolgsaussichten sehe ich aber nicht.
3.
Das Unterschreiten des Mindestabstandes ist auch nicht bußgeldbewehrt, sodass es auch keine Möglichkeit der Anzeige gibt.
Selbst wenn ein Bußgeldtatbestand vorläge, steht die Verfolgung im Ermessen der Behörde (§ 47 Abs. 1 OwiG).
Erlauben Sie mir noch den Hinweis auf § 80 S. 1 und S. 2 SächsBauO:
"Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet [...], kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, kann diese Nutzung untersagt werden."
Die Gemeinde ist nicht verpflichtet einzuschreiten. (zum Ermessen s.o.)
Durch die bloße Duldung des/der verordungswidrigen Zustandes/Zustände behält sich die Gemeinde vor, zumindest theoretisch später doch noch bauordnungsrechtlich vorzugehen und schafft keinen "Präzedenzfall" auf den sich dann weitere Nachbarn berufen könnten (Art. 3 Abs. 1 GG).
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen nachvollziehbar beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
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