Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf der Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Schilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Nachfolgend nehme ich zu der/den von Ihnen gestellten Frage(n) Stellung, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Zunächst möchte ich vorab anmerken, dass Sie es richtig erkannt haben, dass Sie als 2. Hauptmieter (bedauerlicherweise) grundsätzlich für sämtliche Verbindlichkeiten des Mietobjektes haften solange Sie nicht aus diesem Schuldverhältnis entlassen werden.
Dies bedeutet im Einzelnen, dass Sie neben dem anderen Hauptmieter gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB
) (in Gemeinschaft) für die Verbindlichkeiten gegenüber Ihrem Vermieter haften, mit der Folge dass Ihr Vermieter jeden von ihnen für etwaige Forderungen aus dem Mietverhältnis in Anspruch nehmen kann.
Im Innenverhältnis (Verhältnis der Hauptmieter untereinander) haften Sie dagegen streng nur nach Ihrem vereinbarten Anteil im Sinne einer Gesellschaft gemäß Ihrer Vereinbarungen, z.B. zu Kopfteilen bzw. entsprechend der Wohnfläche (BGB-Gemeinschaft nach Bruchteilen ab § 741 BGB
bei Wohngemeinschaft).
Dies vorangestellt:
Haben mehrere Mieter als Partner einer Lebens- oder Wohngemeinschaft gemeinsam eine Wohnung gemietet und zieht einer der Mieter aus, so wird dem ausziehenden Mieter ein Anspruch gegen die verbleibenden Mieter eingeräumt, an der für eine Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich erforderlichen gemeinsamen Kündigung mitzuwirken, sofern nicht berechtigte Interessen der verbleibenden Mieter dem entgegenstehen.
Dem verbleibenden Mieter, der die Wohnung nicht kündigen will, weil er dort wohnen bleiben möchte, bleibt es unbenommen, mit dem Vermieter eine dahingehende Vereinbarung zu treffen, dass er das Mietverhältnis allein fortsetzt und der ausziehende Mieter entlassen wird.
Ihr Vermieter scheint dem nicht zu entsprechen, weil bei der gesamtschuldnerischen Haftung aller Mieter auch der ausziehende Mieter weiterhin für die Mietsache haftet.
Hieraus folgt, dass der Mieter (der andere Hauptmieter), der die Wohnung mit Einverständnis des Vermieters allein weiter nutzt und deshalb an einer Kündigung des ausziehenden Mieters nicht mitwirkt, gegenüber seinen beiden Vertragspartnern, also dem ausziehenden Mieter und dem Vermieter, nach Treu und Glauben verpflichtet ist, an einer der tatsächlichen Nutzung entsprechenden Vertragsänderung der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit ihm allein mitzuwirken und dadurch der Entlassung des ausziehenden Mieters aus dem Mietverhältnis zustimmen muss.
Der so handelnde Mieter verstößt gegen Treu und Glauben, da der Mieter einerseits das Mietverhältnis nicht gemeinsam mit dem ausziehenden Mieter (Sie) kündigt, und die Wohnung weiter nutzt, aber er andererseits seine Zustimmung zur Entlassung des Mitmieters verweigert, ohne dass dies durch schutzwürdige Interessen gerechtfertigt wäre.
Der in dieser Weise widersprüchlich handelnde Mieter (Rechtsgrundsatz: venire contra factum proprium) muss sich gegenüber seinem Vertragspartner so behandeln lassen, als habe er seine Zustimmung zur Entlassung des Mitmieters und zur Fortsetzung des Mietverhältnisses mit ihm allein erteilt.
Für Sie bedeutet dies im Innenverhältnis, dass Ihr Mitmieter Ihnen durch seine Verweigerungshaltung damit dem Rechtsgrundsatz entsprechend eine Schuldhaftentlassung gesetzlich nach Treu und Glauben übergibt, und Sie damit aus allen Ansprüchen des Vermieters gegenüber der Wohngemeinschaft durch ihn freizuhalten sind.
Dieser Freihaltungsanspruch ist auch rechtlich durchsetzbar, wirkt sich jedoch zunächst nur in dem Rechtsverhältnis der Hauptmieter untereinander aus, d.h. der Vermieter könnte schlichtweg dennoch die gesamte Wohngemeinschaft, Sie und den anderen, in Haftung auf etwaige Ansprüche aus Mietverhältnis nehmen. In einem solchen Fall müssten Sie jedoch gegenüber dem Mitmieter Ihren Freihaltungsanspruch geltend machen, um
Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der aus der Wohnung ausgezogene Mitmieter vom in der Wohnung verbliebenen Mitmieter die Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses verlangen kann. Nur damit können Sie Ihre Haftung aus dem Mietverhältnis auch gegenüber dem Vermieter beenden. Verweigert der frühere Mitmieter die Zustimmung, so kann auch eine Klage auf Zustimmung erhoben werden. Das Urteil des Gerichts ersetzt dann die Zustimmung. (NZM 2001, 640
-641)
Insofern müssen Sie gegenüber dem übrigen Mieter Ihren Anspruch auf Vertragsentlassung oder ggf. die Zustimmung zur Entlassung (Auflösung der Gemeinschaft verlangen § 749 BGB
), sofern diese verweigert wird, gerichtlich geltend machen, um damit die Schuldhaftentlassung zu bewirken, denn der übrige Mieter ist verpflichtet Sie aus dem Mietverhältnis zu entlassen (i.E. BGH vom 16.03.2005, Az. VIII ZR 14/04
).
Dass Verhalten Ihres Vermieters hingegen erscheint zu Recht widersprüchlich. Sofern die Tatsache des bestätigten Auszugstermins zutrifft, dann gilt Ihre Entlassung als genehmigt.
Dennoch ist Ihre Vermutung nicht unzutreffend, denn es besteht das Problem der Beweiskraft, denn im Zweifelsfall sind Sie beweispflichtig für die Tatsache der Entlassung, sodass Sie auf eine schriftliche Bestätigung bestehen sollten oder ggf. Zeugen zur Rate ziehen und ihm damit nochmals konfrontieren.
Falsch hingegen wäre es, und dies kann ich aus der Praxis mehrfach bestätigen, eine „mündliche“ Entlassung einfach hinzunehmen, denn wie Sie vermuten, führt dies im Zweifel immer zu Problemen, wenn der zurückbleibende Mieter mit seiner Mietzahlungsverpflichtung nicht nachkommt.
Dass letzte Problem sehe ich jedoch darin, dass selbst wenn Sie die Zustimmung des übrigen Mieters haben, der Vermieter jedoch damit dennoch nicht verpflichtet ist, Ihrer Entlassung aus dem Mietvertrag zuzustimmen.
Sie erhalten lediglich gegenüber dem zurückbleibenden Mitmieter einen Ausgleichs-, Freihaltungsanspruch.
Soweit Sie schildern, dass dessen finanzielle Lage beschaulich ausschaut, würden Sie im Außenverhältnis vermutlich in Haftung genommen werden und müssen dann den Freihaltungs- und Ausgleichsanspruch geltend machen, und dies im Falle der Vollstreckung auch entsprechend einwenden.
Um dennoch eine geeignete Lösung anzubieten, sollten Sie zunächst die Enthaftung seitens des übrigen Mieters einfordern oder darauf hinwirken, dass dieser auch kündigt, da dass Sozialamt z.B. im Grunde die höheren Kosten der Wohnung auch nicht tragen wird und sich damit in der Zukunft zwangsläufig ein Zahlungsrückstand ergeben wird, und gegenüber Ihrem Vermieter hinreichende Beweismittel sichern, dass dieser Sie aus dem Mietvertrag entlassen hat und ggf. den Abschluss eines Aufhebungsvertrages einfordern.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen vorerst weiterhelfen konnten Ihnen einen rechtlichen Überblick in Ihrer Angelegenheit zu gewähren. Sie können sich gern im Rahmen der Nachfrageoption bei Konkretisierungsbedarf auf diesem Portal mit mir in Verbindung setzen.
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 18.09.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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