Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre gestellte Frage beantworte ich wie folgt:
Die Verordnung (EG) 261/2004 regelt die Rechte der Fluggäste bei Flugverspätungen.
Nach Art. 6 der VO gilt bei Verspätungen Folgendes:
(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km um drei Stunden oder mehr oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr
gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen
I) die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten,
II) wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und,
III) wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) angeboten.
(2) Auf jeden Fall müssen die Unterstützungsleistungen innerhalb der vorstehend für die jeweilige Entfernungskategorie vorgesehenen Fristen angeboten werden.
Mit Urteil vom 18.02.2010, Az.: Xa ZR 95/06
, hat der BGH darüber hinaus entschieden, dass den Fluggästen auch Ausgleichsansprüche gem. Art. 7 der VO zustehen, sofern die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Sie können daher von dem Luftfahrtunternehmen in diesem Fall nach Ihrer Schilderung einen pauschalen Schadensersatz von 600,00 EUR pro Person verlangen.
Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadensersatzes ist theoretisch möglich, z.B. für die entgangenen Tage im gebuchten Hotel. Dazu müsste dann aber ergänzend eine Pflichtverletzung des Luftfahrtunternehmens und die Höhe des entstandenen Schadens nachgewiesen werden. Die Flugverspätung stellt noch keinen Mangel der Beförderungsleistung dar; BGH, Urteil vom 28.05. 2009, Az.: Xa ZR 113/08
.
Eine Entschädigung kann dann nicht verlangt werden, wenn außergewöhnliche Umstände zu der Verspätung geführt haben. Sie geben an, es habe technische Defekte gegeben.
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien können, bei einer aufgrund des Defekts erforderlichen Annullierung des Flugs die nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichszahlung zu leisten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat; vgl. BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az.: Xa ZR 76/07
.
Sie sollten daher die Ausgleichszahlung iHv. 600,00 EUR pro Person beanspruchen und diese Forderung schriftlich gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend machen. Die Durchsetzung weitergehender Ansprüche ist nicht ausgeschlossen, aber praktisch schwierig.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten hilfreichen Überblick in der Sache verschafft zu haben. Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 09.04.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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09.04.2010
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17:04
Antwort
vonRechtsanwalt Guido Matthes
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