Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
In Ihrem Arbeitvertrag wurde festgelegt, dass Sie Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten, und zwar in Höhe von insgesamt 100%. Dass hierfür besondere Voraussetzungen erfüllt werden müssen und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch erlischt oder gekürzt werden kann, scheint aber nicht geregelt zu sein. Ihrem Anspruch steht auch nicht zwangsläufig entgegen, dass Ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit ruht. Dadurch sind zwar die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert worden, dieses selbst besteht jedoch mit seinen Nebenpflichten weiter.
Aus der zitierten Klausel in Ihrem Arbeitsvertrag ergibt sich nicht, dass der Anspruch auf die Weihnachts- und Urlaubsgratifikation entfällt oder gekürzt werden kann, wenn der Arbeitnehmer Elternzeit in Anspruch nimmt und dementsprechend keine Arbeitsleistung erbringt. Zwar wäre Ihr Arbeitgeber nicht gehindert gewesen, Ruhenszeiten anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Dies hat er aber nicht getan und dadurch den Zweck der Sonderleistung definiert. Wenn der Arbeitgeber sich aber entscheidet, grundsätzlich an die Mitarbeiter im Betrieb Weihnachtsgeld auszuzahlen, kann er einzelne Mitarbeiter nicht aufgrund im Nachhinein aufgestellter Auszahlungsvoraussetzungen von der Zahlung ausnehmen, insbesondere wenn (wie es bei Ihnen der Fall zu sein scheint) der Arbeitgeber sich die Freiwilligkeit der Sonderzahlungen nicht vorbehalten hat (ausführlich hierzu Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. 12. 2008 - 10 AZR 35/08
).
Lediglich wenn Ihr Arbeitgeber darlegen und beweisen kann, dass die Sonderzahlung entgegen Ihrer Bezeichnung als Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld an die erbrachte Arbeitsleistung gekoppelt ist und dies auch so gegenüber anderen Arbeitnehmern, die z.B. erst im Laufe des Jahres die Arbeit aufgenommen haben, praktiziert wird (als entsprechende Kürzungen vorgenommen wurden), könnte möglicherweise eine entsprechende Kürzung auch Ihnen gegenüber gerechtfertigt sein. Ihre Frage ist also nicht ganz eindeutig zu beantworten, denn im Streitfall würde der Richter wohl den gesamten Arbeitsvertrag auslegen und auch die weiteren Umstände des Arbeitsverhältnisses seiner Beurteilung zu Grunde legen. Nach Ihrer Schilderung sprechen aber die deutlich besseren Argumente für einen Anspruch auf eine ungekürzte Auszahlung.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 12.12.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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