Sehr geehrter Fragesteller,
ich greife aus der Sachverhaltsdarstellung, mal den „Fragetextteil" heraus, von dem ich annehme, dass er im Moment ihr Hauptanliegen ausdrückt. Falls ich da falsch liege, nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Im Kern geht es Ihnen um folgendes: Statt der Testamentsvollstreckung„…stellt sich die Frage, ob er (A) im Testament stattdessen nicht auch anordnen könnte, dass die Erbengemeinschaft Mehrheitsbeschlüsse im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht gegen den Willen des C beschliessen kann (also dem C also eine Art Vetorecht einräumt) was aus Sicht von D und B ein weniger weitgehender Eingriff darstellen würde, als eine Testamentsvollstreckung?"
Wie könnte eine derartige Formulierung im Testament aussehen?..."
Ich beantworte diese Frage als die einzig explizit gestellte Frage, verbindlich wie folgt:
Der Testator A muss hier vor allem bedenken, dass es einen sogenannt-en „abschließenden „Numerus Clausus der testamentarischen Gestaltungsmöglichkeiten" gibt. Das Gesetz stellt dem Testator A eine ganze Reihe von Instituten zu Verfügung, auf deren Verwendung er zwingend angewiesen ist, wenn er ein wirksames und kein gesamt- oder teilnichtiges Testament errichten will, das zum Eingreifen der gesetzliche Erbfolge führen würde.
Eines dieser Institute ist die Testamentsvollstreckung, die Ihnen ja schon bekannt ist. Ein anderer Grundsatz ist der, dass die Stimmrechte innerhalb der Erbengemeinschaft den jeweiligen Erbquoten folgen (§ 745 Abs.1 S.2 BGB
) und das ist, was mit Ihrer Klausel nach einem "Vetorecht" für C ausgehoben werden soll.
Zwar ist das Mehrheitsprinzip bei der Bruchteilsgemeinschaft des § 745 Abs.1 S.2 BGB
dispositives Recht (BFH 29. Oktober 1987, Az.8 R V 87), von dem man also auch durch Rechtsgeschäft abweichen kann. Das kann meines Erachtens so aber eigentlich nur für deren Mitglieder, hier also die Miterben gelten, die davon nach dem Erbfall (!) abweichen könnten, nicht für den Erblasser, weil er es ansonsten in der Hand hätte, eben den abschließenden Numerus Clausus der erbrechtlichen Gestaltungs-möglichkeiten fast beliebig zu erweitern.
Ich muss daher von dieser Gestaltung abraten, eben weil ich sehr starke Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Klausel habe, die ich demzufolge auch nicht entwerfen kann und werde.
Weil ich nicht weiß, welches Regelungsziel Sie genau mit dieser Klausel verfolgen und auch nicht, warum etwa die Anordnung einer Testamentsvollstreckung nicht geeignet sein soll, um dieses Regelungsziel zu erreichen, empfehle ich, da Sie ja anscheinend relativ visiert sind, sich mit den Regeln der Testamentsvollstreckung vertrauter zu machen und zu prüfen, ob Sie ihr Regelungsziel damit oder mit den anderen anerkannten Gestaltungs-instituten des Erbrechts nicht rechtssicherer erreichen lässt. Auch eine Testamentsvoll-streckung kann z.B. auf einzelne Nachlassgegenstände beschränkt werden (§ 2208 Abs.1 S.2 BGB
), falls das hier das Problem sein sollte.
Für Rückfragen weise ich auf die kostenlose, einmalige Nachfragefunktion hin.
Mit freundlichen Grüßen
Ra. Jahn
Diese Antwort ist vom 17.08.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Sehr geehrter Herr Jahn,
danke für die Antwort.
Ich habe nochmals recherchiert. Die Testamentsvollstreckung ist nicht der einzige rechtlich mögliche Weg, die Verwaltungsbefugnis den Miterben nach § 2038 BGB
zu entziehen.
Ich verweise auf die nachfolgenden Ausführungen:
Gemäß § 2038 BGB
verwalten die Miterben die Miterbengemeinschaft i.d.R. gemeinschaftlich. Allerdings kann der Erblasser den einzelnen Miterben und auch Dritten Verwaltungsrechte einräumen (MünchKomm/Dütz, 3. Aufl., § 2038 Rn. 20);
Der Erblasser kann nach der Rechtsprechung des Reichgerichts den Erben die Verwaltung des Nachlasses durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung entziehen oder sie durch Auflage (§ 1940 BGB
) im Testament verpflichten die Verwaltung einem Miterben oder einem Dritten zu überlassen. RG HRR 1929 Nr. 500.
Es kann auch ein Verwaltungsvermächtnis (BGH-Urteil vom 8.5.1952, IV ZR 208/51
) vorliegen.
Falls derartige schuldrechtliche Anordnungen nicht als Verwaltungsvollstreckung oder Vermächtnis anzusehen sind, können sie die Miterben einvernehmlich außer Kraft setzen (Ebbecke Recht 1918, 2, 3)
Das Urteil des BGH vom 8.5.1952, IV ZR 208/51
kann im Internet abgerufen werden.
Danach vermute ich, dass das Vetorecht des C sich auch mittels einer Auflage (im Testament) zu Gunsten des C und zu Lasten der anderen Miterben verwirklichen lässt? Wenn man als Erblasser die Erben mittels Auflage verpflichten kann, die Verwaltung einem Miterben komplett zu überlassen, könnte man vermuten, dass mittels Auflage eine Einschränkung der Verwaltungsbefugnis der Miterben in Sinne eines Vetorechts des C ebenfalls (also das Mehrheitsentscheidungen nicht gegen den C getroffen werden können) zulässig sein sollte.
Halten Sie auch mit Blick auf die o.a. Fundstellen an Ihrer Rechtsaufassung fest?
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Fragesteller,
ich habe oben nicht die Rechtsauffassung vertreten, dass die Testamentsvollstreckung die „einzige" Möglichkeit ist, etwas zu realisieren, dass einem „Vetorecht" des C faktisch nahe kommen mag. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass man sich an den Numerus Clausus der erbrechtlichen Ge-staltungsmöglichkeiten halten muss. Die Testamentsvollstreckung ist eine der anerkannten testamentarischen Gestaltungsformen, die Auflage (§ 1940 BGB
) eine andere. Das scheint Ihnen auch klar geworden zu sein, da Sie ja nun nach dem Vetorecht für C in Form einer Auflage fragen.
Fraglich ist damit, ob eine Klausel, die beispielsweise lauten könnte:„Abweichend von den Erbquoten und abweichend von den Stimmrechten innerhalb der Erbengemeinschaft sollen A und B ihr Mehrheitsstimmrecht nicht gegen das Stimmrecht des C wirksam ausüben können" als Auflage wirksam wäre.
Eine Leistung i.S.d § 1940 BGB
ist jedes Handeln oder Unterlassen. Darunter kann man natürlich auch die Ausübung von Stimmrechten in der Erbengemeinschaft subsumieren, auch wenn natürlich idealtyisch etwas Handfesteres gemeint ist. Der Numerus Clausus erbrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten wäre jetzt also gewahrt.
Eine solche Klausel würde auch nicht schon am Numerus Clausus der Gesell-schafts/Gemeinschaftsformen scheitern, weil das Mehrheitsprinzip aus § 745 Abs.1 S.2 BGB
eben grundsätzlich dispositiv ist, so dass auch Gemeinschaftsformen zulässig sind, in denen Stimmrechte und Anteile nicht einander gekoppelt sind bzw. die Stimmrechte entsprechend obiger Klausel beschränkt.
Die von Ihnen zitierte Entscheidung (BGH vom 8. Mai 1952 IV ZR 208/51
) sagt dagegen über die Frage, ob eine testamentarische Klausel, nach der letzten Endes die Stimmrechte innerhalb der Erbengemeinschaft entsprechend obiger Klausel beschränkt werden können so gar nichts aus. Sie sagt nur aus, dass es zulässig ist einem Miterben bestimmte Verwaltungsbefugnisse zuzuweisen. In den wichtigsten Passagen der Entscheidungsgründe geht es um die Abgrenzung von Notverwaltungsmaßnahmen und sonstigen Verwaltungsmaßnahmen, was hier nicht die Frage ist.
Wenn ich sie richtig verstehe, lässt sich ihr Hauptargument wie folgt präziseren: Wenn es zulässig ist, die Alleinverwaltung einem Erben zuzuwenden, muss es auch zulässig sein, die Stimmrechte abweichend von den Erbquoten zu regeln und gem. obiger Klausel zu beschränken: Im Falle der Alleinverwaltung braucht der Alleinverwalter ja gar keine Stimmenmehrheit. Er entscheidet für sich, ohne dass es auf die Stimmen der anderen Miterben überhaupt irgendwie ankommt. Das wäre im Streitfall das Argument von C, um die Wirksamkeit dieser Klausel aufrecht zu erhalten.
Wie würden nun A-und B argumentieren, wenn Ihnen an der Unwirksamkeit dieser Klausel gelegen wäre? Z.B.: Das eben genannte Argument für C vermengt in unzulässiger Weise zwei Dinge: Eine zulässige Beschränkung bzw. Zuweisung von Verwaltungsbefugnissen einerseits und eine Beschränkung der Stimmrechte andererseits. Eine zulässige Beschränkung der Verwaltungsbefugnis wäre etwa: „Nur C hat das Recht das Haus zu verwalten" oder sogar die Anordnung einer Alleinverwaltung: „Das Recht der Verwaltung der Erbengemeinschaft steht ausschließlich dem C zu." Die obige Klausel sagt aber über Verwaltungsbefugnisse gar nichts aus.
Im Endergebnis: Nein, ich bleibe bei meiner ursprünglichen Rat. Benutzen Sie diese Klausel nicht. Das Risiko, das sie durch diese sehr atypische Klausel das Testament im Ganzen, das ich nicht einmal kenne, vielleicht sogar vollkommen unnötig angreifbar machen, ist zu groß. Im übrigen könnte sogar C versucht sein, aus dieser Klausel „Zucker zu ziehen", um auf mehr als die 20% seiner testamentarischen Erbquote zu kommen, nämlich auf das 1/3, das ihm beim Eingreifen der gesetzliche Erbfolge zustehen würde, denn letzten Endes ist es hier ja C dem vor allem an der Unwirksamkeit des Testamentes gelegen ist. Dazu müsste C etwa argumentieren: Nein, die Reduktion meines Erbteils auf 20% war vom Testator so nie gemeint. Die Sperrminorität macht doch klar, dass der Testator mir keineswegs weniger als den gesetzlichen Erbteil zuwenden wollte & sw.
Mit freundlichen Grüßen
Ra. Jahn